Sant'Egidio: Auf Moria „Katastrophen mit Ansage“
Die Brandkatastrophe im Lager Moria auf Lesbos war nach Ansicht der Gemeinschaft Sant'Egidio „absolut vorhersehbar“. „Als wir von der Gemeinschaft Moria Ende August nach unserem Einsatz dort verlassen haben, gab es bereits kleine Brände“, sagte Sant'Egidio-Mitarbeiterin Monica Attias am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Bereits im Winter habe „über dem Lager das Gespenst eines solchen Brandes geschwebt“.
Auch die Covid-Fälle seien „eine Tragödie mit Ansage“ gewesen. Es sei in den Lagern „unmöglich, Abstandsregeln einzuhalten“; zudem fehle es an Masken. Ein solches Lager komplett unter Quarantäne zu stellen, bedeute aber, Zehntausende Menschen, denen es bereits an vielem fehle, komplett gefangenzuhalten, kritisierte Attias.
Derzeit versuche man, sich ein Bild von der Lage zu machen: Die Gegend um Moria sei abgeriegelt. Derzeit könne man keine Lebensmittel oder Kleidung dorthin bringen; viele Menschen hätten bei den Bränden alles verloren. Eine Reihe von Flüchtlingen leiden Attias zufolge unter Rauchvergiftungen; das örtliche Krankenhaus sei aber schon wegen der Covid-Pandemie überlastet.
Soweit man wisse, überlegten die griechischen Behörden derzeit, ob sie auf Lesbos andere, vorübergehende Lager errichten oder ob sie die Menschen aufs Festland bringen. „Die großzügigste und intelligenteste Lösung wäre, einen ernsthaften Plan der Umverteilung zu entwerfen und umzusetzen“, so Attias. Das entspräche am ehesten dem Prinzip geteilter Verantwortung, das in Europa so oft beschworen werde.
So hofft Sant'Egido laut Attias, „in naher Zukunft“ eine erneute Vereinbarung mit der Regierung in Rom unterzeichnen zu können, „um weitere Menschen nach Italien zu holen“. Über erste humanitäre Korridore wurden bereits 43 Menschen nach Italien gebracht. Im Übrigen „haben wir trotz der katastrophalen Lage bisher noch von niemandem den Wunsch gehört, in seine Heimat zurückzukehren“, so Attias.
Wie die Gemeinschaft am Mittwoch ebenfalls mitteilte, sind ein Großteil der 13.000 Menschen dort Familien aus Afghanistan, darunter rund 40 Prozent minderjährige Kinder und Jugendliche. Europa müsse sich seiner Verantwortung und seinem Anspruch stellen und diesen Menschen eine Perspektive bieten. Man wisse um die Integrationsbereitschaft und -fähigkeit dieser Menschen.