Bis heute verzeichnet Afrika nur rund 3,6 Prozent aller weltweiten bekannten Fälle. Zu Wochenbeginn warnten die Afrikanischen Zentren für Krankheitsbekämpfung und Schutzmaßnahmen (Africa CDC) allerdings vor einem rapiden Anstieg. Von der zweiten auf die dritte Juniwoche seien die Fallzahlen um 25 Prozent gestiegen. Im Schnitt würden täglich 9.078 neue Fälle verzeichnet.
Dennoch kommt es überall zu Lockerungen der zuvor teils rigiden Einschränkungen. Sierra Leones Präsident Julius Maada Bio kündigte an, dass die Ausgangssperre künftig erst um 23.00 statt um 21.00 Uhr beginnt. In Burkina Faso sagte Regierungssprecher Remis Dandjinou laut „Burkina24“ am Montag, die Grenzen würden „bald wieder geöffnet“.
Gegen die Maßnahmen war in den vergangenen Wochen immer wieder demonstriert worden, auch weil sie sich zum Teil kaum umsetzen lassen. Die Mehrheit der Bevölkerung arbeitet im informellen Sektor und hat kaum Rücklagen. Vielerorts gelten die Einschränkungen auch als unverhältnismäßig.
Auch wird in mehreren Ländern die Brutalität der Sicherheitskräfte kritisiert. Im zentralafrikanischen Burundi werfen Menschenrechtler der Regierung vor, Fakten über den Ausbruch zu verschleiern und Meinungsfreiheit zu unterdrücken. „Die rücksichtslose Herangehensweise der Behörden an die Pandemie erhöht die Unsicherheit und Angst in einer bereits politisch aufgeladenen Atmosphäre“, sagte am Mittwoch der Zentralafrika-Direktor von Human Rights Watch, Lewis Mudge. In Nigeria kritisieren Frauenrechtlerinnen, dass durch die Ausgangssperren Fälle von häuslicher Gewalt und Vergewaltigung in den vergangenen Wochen stark zugenommen hätten.
Eine enorme Herausforderung werden die wirtschaftlichen Folgen. Laut aktuellen Studien verlieren afrikanische Regierungen allein 2020 Einnahmen von rund 40 Milliarden Euro. „Covid-19 wird einen enormen Einfluss auf das Wachstum in Afrika haben“, sagte der Gründer des Instituts für Sicherheitsstudien (ISS), Jakkie Cilliers, der Deutschen Welle. Obwohl man sich „kurzfristig mit den Auswirkungen auf Gesundheit und Sterblichkeit befassen“ müsse, unterstreiche das Szenario auch, wie wichtig eine Umstrukturierung der afrikanischen Volkswirtschaften für „ein viel schnelleres Wachstum“ sei. Die Pandemie habe schon jetzt mehr als zwölf Millionen Afrikaner in extreme Armut getrieben.
Von Katrin Gänsler (KNA)
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