Frage: Dahinter steht ein neues Modell von Kirche.
Wiesemann: Kein ganz neues. Auch wir in Deutschland haben starke Beteiligungsstrukturen, zum Beispiel in Pfarrei- und Verwaltungsräten. Wir haben einen starken Laienkatholizismus, große Erwachsenen- und Jugendverbände. Wir sind nicht schlecht aufgestellt, aber wir kommen jetzt an eine Abbruchkante.
Der pastorale Ansatz auf den Philippinen konzentriert sich auf das konkrete Lebensumfeld der Menschen, auf die Nachbarschaft. Man beginnt damit, die Menschen in ihren Häusern aufzusuchen und konkret nach ihren Hoffnungen, Wünschen und Sehnsüchten zu Fragen. Eine Kirche, die an die Ränder geht, wie es Papst Franziskus sagt. Um richtig den Glauben zu verkünden, müssen wir stärker auf die Menschen hören.
Frage: Solche Modelle setzen voraus, dass Priester Verantwortung abgeben...
Wiesemann: ... und das fällt nicht allen leicht. Priester dürfen sich aber nicht als Sonne in einem Planetensystem, sondern müssen sich als Netzwerker verstehen. Eine verbundenere Welt braucht andere Leitungsstile. Bei der Umstrukturierung in unserem Bistum ist deshalb das Stichwort „ermöglichende Leitung“ wichtig. Das Beispiel der Basisgemeinschaften auf den Philippinen zeigt, dass sie davon leben, dass sie großes Vertrauen genießen.
Frage: Wie geht es jetzt weiter, was bedeuten die Kundschafterreisen für die Menschen im Bistum Speyer?
Wiesemann: Wir werten die Reisen unter anderem auf einem Pastoraltag gemeinsam aus. Dort beginnt die eigentliche Transferleistung: Welche Inspirationen haben wir bekommen, was können und wollen wir umsetzen? Es geht nicht um fertige Rezepte, die den Menschen in der Pfalz und im Saarpfalzkreis gleichsam aufgedrückt werden. Wir wollen vielmehr quer durch die Diözese kreative Prozesse ermöglichen. Und dabei können die Kundschafter helfen, indem sie von ihren Erfahrungen erzählen. Etwa davon, dass sie gespürt haben, dass vieles möglich ist.
Von Michael Jacquemain, Katholische-Nachrichten Agentur (KNA)
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