Erlassjahr-Bündnis fordert faire Entschuldung
Köln/Würzburg ‐ 1999 haben rund 35.000 Menschen in Köln für eine Entschuldung armer Staaten demonstriert. 25 Jahre später wiederholt das Bündnis erlassjahr.de die Forderung – mit prominenter Unterstützung.
Aktualisiert: 18.06.2024
Lesedauer:
25 Jahre nach der Großdemonstration „Kölner Kette“ hat das Bündnis erlassjahr.de die damalige Forderung nach einer Entschuldung von Entwicklungsländern bekräftigt. Bei einer Kundgebung am Dienstag vor dem Kölner Dom verlangten Sprecher, Staatsschulden wieder zum Thema sozialer Gerechtigkeit zu machen. Heute seien Länder sämtlicher Kontinente wie Sambia, Surinam, Sri Lanka oder Ghana wieder überschuldet. „Sie erleben genau das Gleiche: willkürliche, gläubigerdominierte Systeme“, sagte Kristina Rehbein von der Initiative erlassjahr.de vor rund 100 Teilnehmenden.
Vor 25 Jahren – am 19. Juni 1999 – hatten anlässlich des G8-Gipfels in Köln rund 35.000 Demonstranten eine zehn Kilometer lange Menschenkette um die Innenstadt gebildet. Die Musiker Bono von U2 und Bob Geldof überreichten dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) 21 Millionen Unterschriften für die Entschuldung der ärmsten Länder, die die Kampagne „Erlaßjahr 2000“ weltweit gesammelt hatte. Von den G8-Staaten erstritten die Demonstranten eine Schuldenstreichung für 39 Staaten.
Der Hauptgeschäftsführer von Misereor, Pfarrer Pirmin Spiegel, rief aus dem Anlass der Kundgebung in Köln die Welt zum Handeln auf. „Die globale Schuldenkrise bedarf einer mutigen Antwort der Weltgemeinschaft“, forderte er. Schuldenerlasse seien, heute so wie 1999, Bedingung für eine friedlichere und gerechte Welt – „frei von Furcht und Not“.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
Am Rande der Jahrestagung Weltkirche und Mission, die derzeit in Würzburg stattfindet, äußerte sich auch der Vorsitzende der Konferenz und Kommission Weltkirche, Bischof Dr. Bertram Meier, zum Jahrestag. Das 25. Jubiläum der Kölner Menschenkette für einen internationalen Schuldenerlass sei ein Anlass zur Freude über den damals erreichten Durchbruch in der internationalen Finanzpolitik, so Meier. „Wir wissen aber auch, dass noch viel mehr passieren muss, um die Schuldenkrise im globalen Süden wirklich zu lösen.“ Die Erlassjahrkampagne führe dies Menschen in Deutschland und weltweit immer wieder vor Augen und motiviere zum entschiedenen Handeln. „Möge die Kampagne auch in Zukunft erfolgreich sein und dazu beitragen, das Leben derjenigen zu verbessern, die am stärksten von Armut betroffen sind“, gab der Bischof von Augsburg den Initiatoren mit auf den Weg.
Gemischte Bilanz
Malina Stutz von erlassjahr.de zog am Dienstag eine gemischte Bilanz. Einerseits sei es beachtlich, dass der Verein es über die vergangenen 25 Jahre geschafft habe, das Schuldenthema wach zu halten, obwohl es keine Konjunktur gehabt habe. „Andererseits ist es ziemlich ernüchternd festzustellen, dass wir strukturell gesehen noch immer nicht viel besser dastehen als vor 25 Jahren.“ Auf internationaler Ebene gebe es noch immer kein funktionierendes und vor allem kein faires Verfahren, um Schuldenkrisen nachhaltig zu überwinden. Zwar habe sich die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag zur Schaffung eines solchen Verfahrens verpflichtet. „Passiert ist bisher jedoch viel zu wenig.“
Stutz warf Deutschland vor, Verhandlungen auf internationaler Ebene für ein faires und transparentes Staateninsolvenzverfahren immer wieder zu blockieren. Die Bundesregierung müsse stattdessen Initiativen von Ländern des Globalen Südens pro-aktiv unterstützen. Die vierte internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung im nächsten Jahr biete dafür einen wichtigen Ansatzpunkt.
Stutz rief Deutschland und andere Staaten des globalen Nordens dazu auf, Gesetze zu verabschieden, die private Gläubiger wie Investmentbanken und Vermögensverwalter zu einer Beteiligung an Schuldenstreichungen verpflichten. Sie arbeiteten nicht aus Einsicht und Nächstenliebe bei Schuldenstreichungen mit.
„Das 25. Jubiläum der Kölner Menschenkette für einen internationalen Schuldenerlass ist ein Anlass zur Freude über den damals erreichten Durchbruch in der internationalen Finanzpolitik.“
„erlassjahr.de – Entwicklung braucht Entschuldung“ ist nach eigenen Angaben ein Bündnis von etwa 500 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft. Es ist Teil eines weltweiten Netzwerks von über 50 ähnlichen Kampagnen und Bündnissen. In Köln waren an der Aktion unter anderen die kirchlichen Institutionen Domforum, Kolpingwerk und katholisches Bildungswerk beteiligt.
dr/weltkirche.de/KNA