Öffentliche Bücherei in Santo Domingo (Dominikanische Republik)
Das Urlaubsparadies mauert sich ein – Stimmung gegen Haiti

Wahlen in der Dominikanischen Republik – mit klarem Favoriten

Santo Domingo  ‐ Der Wahlkampf in der Dominikanischen Republik ist geprägt von den Unruhen im Nachbarland Haiti – und der Angst vor einem Massenexodus. An der Grenze des Touristen-Hotspots trifft Massenelend auf Karibik, all inclusive.

Erstellt: 17.05.2024
Aktualisiert: 17.05.2024
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Von Tobias Käufer (KNA)

Präsident Luis Abinader gibt sich gern als Hardliner. Wenige Tage vor der Wahl in der Dominikanischen Republik sagt der Regierungschef, dass nur 80 Prozent mehr Polizei auf den Straßen für mehr Sicherheit sorgen könnten. Das Thema Sicherheit ist wohl das wichtigste, wenn es darum geht, wer in den nächsten Jahren als Präsident das Urlaubsparadies regieren kann. Abinader führt die Umfragen klar an; es gilt als sicher, dass er zumindest in einer Stichwahl klar gewinnen dürfte.

Alle Kandidaten, die sich Chancen auf das Präsidentenamt ausrechnen, zeigen sich beim Thema Migration kompromisslos. 2023 hat die Regierung in Santo Domingo rund 180.000 Menschen nach Haiti abgeschoben, obwohl das Nachbarland von einem brutalen Bandenkrieg heimgesucht wird und der Rechtsstaat praktisch zusammengebrochen ist. Amtsinhaber Abinader verspricht seinen Landsleuten: „Wir werden keine Flüchtlingslager akzeptieren - die Abschiebungen gehen weiter.“ Er ließ einen Grenzzaun bauen, der den Übertritt aus Haiti immer schwieriger macht.

Ihm spielen auch die positiven Wirtschaftsdaten in die Hände. Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) bezifferte das Wirtschaftswachstum auf 3,3 Prozent im Jahr 2023 und sagt für das laufende Jahr ein Wachstum von 4,1 Prozent voraus. Die starke Fluchtmigration aus Haiti behindert also die wirtschaftliche Entwicklung des Landes bislang nicht. Die „DomRep“ mit ihren Stränden und tropischen Golfplätzen gilt weiter als beliebtes Urlaubsland - als Karibiktraum all inclusive.

Kirche ruft zur Wahl auf

Die Regierung in Santo Domingo hofft aber, dass die in Aussicht gestellte internationale UN-Mission für Haiti so schnell wie möglich beginnt. Derzeit errichtet die US-Armee in dem Krisenland ein Lager, in das die von Kenia angeführten Sicherheitskräfte einziehen könnten. Nicht überall stößt das auf Gegenliebe: Jede militärische Intervention in Haiti habe in der Vergangenheit die Lage verschlimmert, meinen Kritiker; und alles sei schlimmer geworden als vorher. „Wenn wir die gleichen Muster wiederholen, wird das zu den gleichen Ergebnissen führen“, sagte Präsidentschaftskandidatin Virginia Antares. Sie gilt allerdings bei der Wahl als chancenlos.

Bridget Wooding, Direktorin des Zentrums für Migrationsüberwachung und soziale Entwicklung in der Karibik, sagte dem Sender BBC, der anti-haitianische Kurs der Politiker und der Eliten diene vor allem dazu, die wahren sozialen Probleme in der Dominikanischen Republik zu verschleiern. Die Stimmung gegen das Armenhaus nebenan werde dazu genutzt, eigene Privilegien zu schützen.

Kandidat Leonel Fernandez, der das Land mit gut elf Millionen Einwohnern schon zweimal regierte, bezeichnet die internationale Kritik am restriktiven Migrationskurs der Dominikanischen Republik als unfair: „Ich würde sagen, dass es an Respekt für die Souveränität und Selbstbestimmung der Dominikanischen Republik mangelt.“ In erster Linie sei die Aufnahme oder Nichtaufnahme von Flüchtlingen eine nationale Entscheidung des Karibikstaates. Niemand könne dem Land Migranten aufzwingen, so Fernandez, der auf Rang zwei der Umfragen liegt.

Bischof Jesus Castro Marte von Nuestra Senora de la Altagracia en Higüey erinnerte die Behörden derweil an die Gesetzeslage. Auch die Migranten aus Haiti hätten das Recht auf rechtsstaatliche Behandlung. Die Kirche rief auf, die Stimme wohlüberlegt abzugeben. Die Bischofskonferenz erinnerte die Wähler daran, dass der Urnengang „eine entscheidende Rolle für unsere demokratische Zukunft spielt und von allen geschätzt und unterstützt werden sollte“.

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