Baerbock und Heil auf schwieriger Mission in Lateinamerika
Außenministerin Baerbock besucht gemeinsam mit Arbeitsminister Heil Brasilien, Kolumbien und Panama – drei Länder mit sehr unterschiedlichen Krisenszenarien. Sie reichen von der Bedrohung des Regenwaldes bis zu inneren Konflikten.
Aktualisiert: 04.06.2023
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Amazonas-Rettung, Frauenrechte und Klimaschutz: Das sind die wichtigsten Inhalte der ersten Lateinamerika-Reise von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Von Sonntag bis kommenden Freitag besucht sie Brasilien, Kolumbien und Panama. In Brasilien wird sie dabei von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) begleitet, der sich über die Rahmenbedingungen informieren will, wie und ob es eine Möglichkeit gibt, in Brasilien Pflege- und Fachkräfte anzuwerben.
In Brasilien steht für Baerbock die Unterstützung der neuen brasilianischen Regierung von Präsident Luiz Inacio Lula da Silva im Zentrum, um dessen Ziel einer Null-Abholzung im Amazonas-Regenwald zu erreichen. Dazu stellte die deutsche Bundesregierung bereits zu Beginn der Präsidentschaft 200 Millionen Euro Soforthilfe zur Verfügung. Allerdings gingen in den ersten Regierungsmonaten die Abholzungszahlen wieder nach oben. Zudem gerieten jüngst die Rechte der Ministerien von Umweltministerin Marina Silva und der Ministerin für indigene Völker, Sonja Guajajara, ins Visier des Kongresses.
Besonders schwer wiegt das Ansinnen, die Kompetenz für die Zuteilung von Staatsland an Indigene dem Guajajara-Ministerium zu entziehen und zurück ins Justizministerium zu geben. Lula hatte zuletzt stets betont, dass die Einrichtung der Reservate ein wichtiges Instrument des Waldschutzes sei. Dass der Präsident unter dem Druck auch aus der eigenen Koalition einzuknicken scheint, veranlasste Guajajara jüngst zu der Aussage, sie sei „von Lula frustriert“. Es wird spannend werden, ob sich Baerbock zu dieser Thematik äußert.
Lula brüskiert Menschenrechtler
In der vergangenen Woche sorgte Lula bei Menschenrechtsorganisationen zudem mit der Aussage für Entsetzen, die Vorwürfe gegen die venezolanische Regierung von Präsident Nicolas Maduro seien ein „Narrativ“ des Westens. Dabei hatten renommierte Organisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und auch das UN-Menschenrechtskommissariat entsprechende Dokumentationen zu Menschenrechtsverstößen erarbeitet. Beim ermittelnden Internationalen Strafgerichtshof gingen tausende Hinweise auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein.
Doch Baerbock und der Westen brauchen Brasilien auch bei der Lösung der Ukraine-Krise. Zuletzt sorgte Lula mit dem Vorschlag in Kiew für Empörung, die Ukraine solle auf Gebietsansprüche verzichten. Inzwischen verurteilt Brasilien allerdings die Verletzung der territorialen Rechte der Ukraine durch Russland.
In Kolumbien steht der Friedensprozess im Mittelpunkt. Offenbar ist eine Ehrung der kolumbianischen Vizepräsidentin Francia Marquez durch das Frauennetzwerk UNIDAS des Auswärtigen Amtes geplant. Entsprechende Einladungen wurden verschickt, eine offizielle Bestätigung des Auswärtigen Amtes war allerdings nicht zu erhalten. Die neue Linksregierung von Präsident Gustavo Petro und seiner afrokolumbianischen Stellvertreterin steckt gerade wegen vieler kleinerer interner Skandale und ausbleibender Erfolge bei den Friedensverhandlungen in einem Umfragetief. Nur noch ein Drittel der Wähler ist mit der Arbeit der Regierung, in der es bereits zahlreiche Kabinettsumbildungen gab, zufrieden.
Nadelöhr bei Migration nach Nordamerika
Erst vor wenigen Tagen mussten sowohl Petros Stabschefin als auch Kolumbiens Botschafter in Venezuela zurücktreten. Angesichts ständig wechselnder Ansprechpartner ist es für die deutsche Seite schwierig, konkrete Projekte auch tatsächlich zum Laufen zu bringen. Die ehemalige Umweltaktivistin Francia Marquez gilt in Lateinamerika als eine der populärsten Figuren der kolumbianischen Zivilgesellschaft. Nun an die Schalthebel der Macht aufgerückt, dürfte sie für eines der Kernprojekte Baerbocks, die Stärkung feministischer Außenpolitik, besonders interessant sein.
Zum Abschluss der Reise geht es nach Panama. Dort dürften vor allem die anhaltende Dürre und damit verbundene Schwierigkeiten mit der Schiffbarkeit des Panama-Kanals Gegenstand der Gespräche werden. Zudem ist der „Dschungel Darien“ der Kolumbien und Panama miteinander verbindet eine der Schlüsselregionen für die Migrationsbewegungen aus Südamerika in Richtung USA.
KAN