Tote und Verletzte in israelisch-palästinensischem Konflikt
Jerusalem/Ramallah ‐ Die Lage in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten bleibt weiter angespannt. Die jüngsten Gewaltausbrüche im Westjordanland sind Wasser auf den Mühlen der Hardliner unter Israelis und Palästinensern.
Aktualisiert: 27.02.2023
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Die Gewalt im israelisch-palästinensischen Konflikt nimmt weiter zu. Nach einem palästinensischen Terroranschlag, bei dem am Sonntag zwei Israelis in der palästinensischen Stadt Huwara im besetzten Westjordanland getötet wurden, randalierten nach örtlichen Medienberichten in der Nacht zu Montag israelische Siedler in der Stadt. Bei Zusammenstößen in mehreren anderen Orten wurde ein Palästinenser erschossen, rund 100 weitere wurden verletzt.
Ein Palästinenser hatte nach israelischen Angaben am Sonntag zwei Israelis erschossen, als sie durch Huwara nahe Nablus fuhren. Medienberichten zufolge schoss der Angreifer aus nächster Nähe mehrmals auf die 19- und 21-jährigen Brüder aus der israelischen Siedlung Har Bracha und floh vom Tatort.
Wenige Stunden später drang eine große Gruppe Siedler in die Stadt ein und setzte Autos und Häuser in Brand. Nach Angaben der israelischen Koordinationsstelle für Regierungsaktivitäten in den besetzten Gebieten (COGAT) evakuierte die israelische Armee Dutzende Palästinenser aus brennenden Häusern.
Israel hob die Bereitschaftsstufe der Polizei auf die höchste Stufe an und kündigte an, die Armeepräsenz in den besetzten Gebieten zu erhöhen, um den Schutz israelischer Siedlungen sowie der Straßen in dem Gebiet zu gewährleisten. Nach israelischen Medienberichten kam es in weiteren palästinensischen Orten in dem Gebiet zu Gewalt durch israelische Siedler.
Präsident: Gewalt gegen Unschuldige ist nicht unser Weg
Der israelische Präsident Isaac Herzog verurteilte die Ausschreitungen. „Das Gesetz in die eigenen Hände zu nehmen, zu randalieren und Gewalt gegen Unschuldige zu verüben – das ist nicht unser Weg“, sagte er laut Mitteilung des Präsidialbüros von Sonntagabend. Auch Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief am Sonntagabend dazu auf, „auch wenn das Blut kocht, das Gesetz nicht in die eigenen Hände zu nehmen“.
Der arabisch-israelische Abgeordnete und Vorsitzende der Ta'al-Partei, Ahmed Tibi, verglich die Ereignisse in Huwara mit den von Nazis gesteuerten Novemberpogromen von 1938 an Juden. „Dies ist die Kristallnacht in Huwara“, twitterte er am Sonntagabend
Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, verurteilte den Terroranschlag und die anschließende Siedlergewalt. Die Ereignisse zeigten „die Notwendigkeit, die Spannungen unverzüglich in Worten und Taten zu deeskalieren“, twitterte Price am Montag.
Die Vorkommnisse ereigneten sich, als israelische, palästinensische, jordanische, ägyptische und amerikanische Vertreter in der jordanischen Hafenstadt Akaba zusammenkamen, um über Möglichkeiten der Deeskalation im Westjordanland und im Gazastreifen vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan (22. März) zu beraten.
Israelische Medien berichteten am Sonntag, Israel habe einem vier- bis sechsmonatigem Stopp des Siedlungsbaus zugestimmt. Mehrere israelische Vertreter, darunter der Direktor des Nationalen Sicherheitsrates, Tzachi Hanegbi, dementierten die Berichte umgehend. Es gebe keine Änderung in der israelischen Politik.
In den kommenden Monaten werde „Israel neun Außenposten genehmigen und 9.500 neue Wohneinheiten in Judäa und Samaria genehmigen“, erklärte Hanegbi am Sonntagabend. Es werde „keinen Bau- und Entwicklungsstopp in der Siedlung geben, nicht einmal für einen Tag“, erklärte auch der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich, am Sonntagabend auf Twitter.
Am Sonntag hatte das israelische Kabinett ein Gesetz zur Einführung der Todesstrafe für palästinensische Terroristen auf den Weg gebracht. Der israelische Minister für Nationale Sicherheit, der Rechtsradikale Itamar Ben-Gvir, schrieb auf Twitter von einem symbolträchtigen Schritt an einem Tag, an dem zwei Juden bei einem Terroranschlag ermordet worden seien.
Israel hat die Todesstrafe für gewöhnliche Straftaten und in Friedenszeiten 1954 abgeschafft. In Kriegszeiten, in Fällen von Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit sowie gegen das jüdische Volk ist sie allerdings weiterhin zugelassen. 1962 wurde der Holocaust-Organisator Adolf Eichmann wegen „Verbrechen gegen das jüdische Volk“ hingerichtet. Es war die erste und einzige Hinrichtung in der Geschichte des Staates Israels. KNA