Gewinner des Friedensnobelpreises 2022
Auszeichnung

Friedensnobelpreis 2022 geht an Menschenrechtler in Russland, Ukraine und Belarus

Oslo ‐ Den Friedensnobelpreis 2022 erhält der belarussische Menschenrechtsaktivist Ales Bjaljazki (60). Ebenfalls ausgezeichnet werden die Menschenrechtsorganisation Memorial (Russland) sowie das Center for Civil Liberties (Ukraine).

Erstellt: 07.10.2022
Aktualisiert: 07.10.2022
Lesedauer: 

Das teilte das Nobelkomitee am Freitag in Oslo mit. Die Geehrten hätten „außergewöhnliche Anstrengungen“ unternommen, um Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverstöße und Machtmissbrauch zu dokumentieren, hieß es. Dotiert ist der Preis in diesem Jahr mit insgesamt 10 Millionen Kronen (rund 920.000 Euro) und wird unter den Gewinnern aufgeteilt.

Bjaljazki gründete 1996 in Minsk das Menschenrechtszentrum „Wjasna“ (Frühling). Das autoritäre Regime des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko inhaftierte ihn von August 2011 bis Juni 2014 - wegen angeblicher Steuerhinterziehung. Im Juli 2021 wurde er erneut festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Die Justiz wirft ihm erneut Steuerhinterziehung vor. Zu einem Prozess kam es diesmal aber bisher nicht. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates verlieh Bjaljazki im September 2013 in Abwesenheit den Vaclav-Havel-Menschenrechtspreis.

Memorial International wurde 1989 in Moskau unter anderen von Friedensnobelpreisträger Andrej Sacharow gegründet. Angegliedert sind etwa 80 regionale Organisationen auch außerhalb Russlands. Schwerpunkte sind die Aufarbeitung von Gewaltherrschaft und das Eintreten für Menschenrechte. 2021 lösten Behörden die russischen Einrichtungen auf und nannten als Grund eine Finanzierung durch ausländische Geldgeber. Andere Menschenrechtsorganisationen kritisierten die Entscheidung scharf und nannten Memorial International das „moralische Rückgrat der russischen Zivilgesellschaft“.

Die Nichtregierungsorganisation Center for Civil Liberties (CCL) wurde 2007 gegründet. Sitz ist die ukrainische Hauptstadt Kiew. Sie setzt sich nach eigenen Angaben für Demokratie, Solidarität und die Einhaltung der Menschenrechte ein. Zudem engagiert sich die Gruppe seit dem russischen Einmarsch für eine effektive Strafverfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine.

Die Entscheidungen des norwegischen Nobelkomitees sind nicht immer unumstritten. So sorgte die Vergabe des Friedensnobelpreises an den früheren US-Präsidenten Barack Obama (2009) ebenso für anhaltende Kontroversen wie die Auszeichnung des äthiopischen Präsidenten Abiy Ahmed (2019), des  früheren kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos (2016), des vormaligen Palästinenserführers Jassir Arafat oder der Europäischen Union (2012).

Dennoch ist der Friedensnobelpreis eine der renommiertesten Auszeichnungen weltweit. Benannt sind die Nobelpreise nach dem schwedischen Chemiker und Erfinder Alfred Nobel (1833-1896). Er hielt in seinem Testament fest, dass sein Nachlass die finanzielle Grundlage für fünf internationale Preise in den Sparten Physik, Chemie, Literatur, Medizin und Frieden werden solle. 1968 wurde in Erinnerung an Nobel zudem ein Wirtschaftspreis ins Leben gerufen.

Video: ©

Erzbischof Koch: Preisträger stehen für „Aufarbeitung von Unrecht und Ringen um Gerechtigkeit“

In einer Stellungnahme des Mittel- und Osteuropahilfswerks Renovabis begrüßte dessen Aktionsratsvorsitzender, Berlins Erzbischof Dr. Heiner Koch, die Auswahl der Preisträger. In der aktuellen Situation in Europa sei der Friedensnobelpreis mit der besonderen Würdigung des zivilgesellschaftlichen Engagements ein wichtiges Signal, so Koch. In zahlreichen Projekten unterstütze Renovabis Partner im Osten Europas dabei, das gesellschaftliche, religiöse und kulturelle Miteinander und den Zusammenhalt zu stärken. Dabei sei auch die Aufarbeitung von staatlichem Unrecht, das in vielen ehemals kommunistischen Staaten, lange behindert wurde und immer noch behindert werde, eine wichtige Säule für das friedliche und versöhnte Miteinander.

„Für Aufarbeitung von Unrecht und das Ringen um Gerechtigkeit stehen auch die diesjährigen Preisträger“, sagte Koch. Er freue sich sehr über die Auszeichnung und die besondere Würdigung des zivilgesell­schaftlichen Engagements, die damit einhergeht und gratuliere im Namen von Renovabis den diesjährigen Preisträgern herzlich.

DR/weltkirche.de/KNA/Renovabis