„The Letter“: Emotionsgeladene Umweltdoku mit Papst Franziskus
Es ist eine Doku mit Papst Franziskus. Aber es geht nicht um ihn, sondern um eines seiner Hauptanliegen. „The Letter“ gibt der Umweltenzyklika „Laudato si'“ Gesichter – von Menschen, die seine Botschaft leben.
Aktualisiert: 07.10.2022
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Großes Kino im Vatikan. Wo normalerweise Bischöfe und Kardinäle aus aller Herren Länder mit dem Papst beraten, sitzen an diesem Abend eher ungewöhnliche Gäste. Auf den weinroten Sesseln der vatikanischen Synodenaula tummeln sich Filmemacher, Botschafter, Kurienmitarbeiter und Journalisten. Sie alle ergeben das Premierenpublikum der neuen Umweltdokumentation „The Letter“ (Der Brief) mit dem Papst.
Franziskus habe allen Menschen einen Brief geschrieben - seine Umweltenzyklika „Laudato si“, sagt Lorna Gold, Präsidentin der gleichnamigen Bewegung, die an der Entstehung des Films beteiligt war. Aber wie erreicht man Milliarden Erdenbewohner – ganz gleich welcher Religion? Wie erreicht man all jene, die nicht klassische Leser einer Papstenzyklika sind?
Man nehme Emmy-Preisträger Nicolas Brown als Schreiber und Regisseur und produziere eine Doku mit dem Oscar-prämierten Team „Off the Fence“ (Mein Lehrer, die Krake). Mit im Boot: Papst Franziskus und Protagonisten, die mit ihrer ganz persönlichen Geschichte zum Klimawandel die Botschaften der Umweltenzyklika lebendig werden lassen. So vermischen sich beängstigende wie beeindruckende Bilder von Umweltzerstörung und extremen Wetterphänomenen mit dem persönlichen Engagement einzelner.
Ungewöhnliche Protagonisten
Da wäre ein indigener Stammesführer aus dem Amazonasgebiet, der für den Erhalt „seines Waldes“ kämpft, der „grünen Lunge“ unserer Erde. Er selbst sei schon angegriffen worden, als er sich gegen Rodungen des Regenwaldes eingesetzt habe, erzählt er. Trotzdem will er weitermachen. „Aber dieser Kampf ist nicht nur mein Kampf. Der Schutz des Amazonas liegt in unser aller Hand“, so Cacique Odair Borari, den alle nur „Dada“ nennen bei der Filmvorstellung.
Zum Handeln ruft auch die 14-jährige Inderin Ridhima Pandey auf. Trotz und gerade wegen ihres jungen Alters engagiert sie sich schon lange als Klimaaktivistin, vernetzt sich mit anderen jungen Leuten, hält Reden weltweit. Sie habe Albträume von den extremen Überschwemmungen in ihrem Land gehabt. Diese Albträume sollten nicht zur Realität für andere Kinder werden. Reden reiche nicht mehr. „Handelt jetzt, Leute! Bitte!“, fordert sie auch das Publikum am Ende der Filmpremiere auf.
Neben einem Wissenschaftler-Ehepaar, das sich für den Erhalt von Korallen stark macht, erzählt auch ein junger Senegalese seine Geschichte. Arouna Kande ist ein sogenannter Klimaflüchtling. Dürre und Überschwemmungen machen seine Heimat immer unbewohnbarer. Nach einem misslungenen Fluchtversuch in einem seeuntauglichen Boot setzt er sich nun in seinem Dorf für eine bessere Zukunft der Kinder ein. Unterstützt sie in der Schule, pflanzt Bäume. Ein tragisches Ereignis während der Dreharbeiten löste große Betroffenheit aus – im Film und beim Premierenpublikum.
Sie alle treffen in Rom mit Papst Franziskus zusammen. Sie unterhalten sich mit dem Mann, der sich als Papst den Namen des heiligen „Umweltaktivisten“ aus Assisi gab. Nicht aus Zufall erschien „The Letter“ am 4. Oktober, dem Fest des heiligen Franziskus und zugleich Tag des Beitritts des Vatikanstaates zur UN-Klimarahmenkonvention und dem Pariser Klimaabkommen.
„The Letter“ anschauen
Vatikanische Behörden an der Entstehung beteiligt
Der Film und die persönlichen Schicksale zeigten eindringlich, dass die ökologische Krise jetzt stattfinde, sagte der Leiter der vatikanischen Entwicklungsbehörde, Kardinal Michael Czerny. Sein Dikasterium und die vatikanische Kommunikationsbehörde waren ebenfalls an der Entstehung von „The Letter“ beteiligt.
„Apokalyptische Überschwemmungen, anhaltende Dürren, verheerende Hitzewellen, katastrophale Wirbelstürme und Hurrikane sind in den letzten Jahren zur neuen Normalität geworden und werden immer schlimmer werden“, so Czerny. „Dieser wunderschöne Film, eine herzzerreißende und zugleich hoffnungsvolle Geschichte, ist ein klarer Ruf an die Menschen überall: Wacht auf! Macht ernst! Trefft euch! Handelt gemeinsam! Handelt jetzt!“
Die Dokumentation ist über Youtube frei zugänglich. Der Film ist auf Englisch erschienen, die jeweiligen Muttersprachen der Protagonisten englisch untertitelt. Eine Veröffentlichung in deutscher Übersetzung ist nicht geplant. Es gibt aber auf der Videoplattform die Möglichkeit, automatisierte Untertitel auf Deutsch einzustellen.
Engagementtipp
Der Film darf, wenn man die Vorstellung vorab auf https://theletterfilm.org registriert, auch für ein größeres Publikum, beispielsweise in der Pfarrgemeinde, gezeigt werden. Ein Eintrittsgeld sollte man aus rechtlichen Gründen nicht verlangen. Anschließend kann der Faden aufgenommen werden, um sich tiefer mit der Materie zu beschäftigen. Was kann die Gemeinde, was kann jeder selbst für mehr Klimaschutz tun? Ganz viele Ideen bietet beispielsweise die Internetseite von Misereor!