Muslime fragen, ein Jesuit antwortet
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Muslime fragen, ein Jesuit antwortet

Interreligiöser Dialog kann ganz einfach sein. „Muslime fragen, Christen antworten“, lautete der Titel eines 2003 erschienenen Buchs des Frankfurter Jesuiten und Islamexperten Christian Troll. Es enthielt Antworten auf Fragen, „die Muslime gewöhnlich an Christen stellen“, erzählt der mittlerweile 75-Jährige.

Erstellt: 20.02.2013
Aktualisiert: 13.09.2022
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Fragen nach dem christlichen Gottesbild, der Kirche, dem Priesteramt oder dem Ordensleben. Die Fragen und Antworten des in mehrere Sprachen übersetzten Buchs stellte er bald darauf ins Internet. Daraus hat sich ein in dieser Form einmaliges, in zehn Sprachen ausgearbeitetes Portal entwickelt.

„Das Tolle ist, die Initiative geht nicht von mir aus, sondern von den Fragestellern“, sagt Troll über das Projekt, das er bisher im Alleingang betreibt. Er nimmt alle Fragen ernst, sofern sie nicht offensichtlich rein polemisch gemeint sind. Bei den Antworten legt er Wert darauf, Zitate aus offiziellen Katechismen, Papst-Ansprachen oder anderen Dokumenten zu verwenden. „Es geht mir nicht darum, meine Sondermeinung zu einer Frage zu verbreiten, sondern die Position der Kirche darzustellen.“ Darüber hinaus stellt der Jesuit auch zu vielen Themen die muslimische Sicht vor –nicht nur für die Fragesteller, sondern auch für christliche Leser. Dazu gehören etwa Religionslehrer, aber auch Gemeindemitglieder, die sich auf den Besuch in einer benachbarten Moschee vorbereiten.

„Das Tolle ist, die Initiative geht nicht von mir aus, sondern von den Fragestellern.“

—  Zitat: P. Christian Troll

Troll richtet sich an junge, religiös interessierte Muslime

Die eigentliche Zielgruppe aber bilden „junge, gebildete, religiös interessierte Muslime“. Ihnen, die oft keinen Zugang zu entsprechenden gedruckten Büchern in ihrer Sprache haben, will der Jesuit Rede und Antwort stehen. Es gehe ihm „nicht um Propaganda im Stile mancher aggressiver Webseiten aus der evangelikalen Ecke“. Vielmehr will Troll eine „offene, kritische, auch selbstkritische Haltung“ zum Ausdruck bringen, Missverständnisse klären helfen und die „innere Logik des Glaubens aufzeigen“.

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„Hat Jesus Schweinefleisch gegessen?“

Ein Fragesteller etwa will wissen: „Was denken Sie über die Evolutionstheorie?“, ein anderer: „Hat Jesus Schweinefleisch gegessen? Wenn nicht, warum haben seine Apostel es getan?“ Manche Fragen sind auch skurril: „Warum haben christliche und jüdische Kleriker eine verschlüsselte Schrift entwickelt?“ Die knappe Antwort: „Von einer solchen verschlüsselten Schrift ist mir nichts bekannt.“

Bisher sind 251 solche Fragen gestellt und beantwortet worden. Sie finden sich nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Arabisch, Indonesisch, Persisch, Türkisch, Urdu und Russisch sowie Französisch, Italienisch, Spanisch und natürlich Englisch. Eine Reihe dieser Sprachen beherrscht Troll selbst, der unter anderem in Neu Delhi, Ankara und Birmingham sowie am Päpstlichen Orientalischen Institut gelehrt hat; für andere benötigte er professionelle Hilfe. Der neue Patriarch der mit Rom verbundenen chaldäischen Kirche im Irak, Louis Raphael I. Sako, habe etwa die arabische Übersetzung seinerzeit eigenhändig überarbeitet.

Türkische, deutsche und englische Fassung am beliebtesten

Die Resonanz der einzelnen Sprachversionen ist nach Angaben Trolls unterschiedlich: Genutzt würden vor allem die türkische, die deutsche und die englische Fassung. Zuletzt seien überdurchschnittlich viele Aufrufe der englischen Seiten aus China zu registrieren. Attacken gegen die Seite gebe es dagegen kaum, so der Jesuit, was freilich auch an einer zu geringen Bekanntheit liegen könne. Einmal habe es – wohl aus Russland – den Versuch gegeben, das Portal zu stören; er habe aber abgewehrt werden können.

Auf der Webseite melden sich nicht nur Menschen, die sich über das Christentum informieren wollen. Jemand fragt: „Wie kann man Christ werden?“ Auch hier antwortet Troll sachlich, aber er sieht, dass vielleicht mehr erwartet wird. Allerdings würden für solche Interessenten in erster Linie Gemeinden gebraucht, die sich ihrer annähmen. Diese müssten bereit sein, ein „Zeugnis christlicher Erfahrung“ zu geben, Informationsvermittlung allein reiche dazu nicht.

 

www.antwortenanmuslime.com

 

Von Norbert Zonker

Zur Person

Christian W. Troll studierte von 1957 bis 1961 Philosophie und Theologie an den Universitäten Bonn und Tübingen und von 1961 bis 1963 Arabisch an der Université St. Joseph in Beirut. Als Hochschuldozent fungierte er in Neu Delhi, Birmingham und Ankara, von 1993 bis 1999 unterrichtete er zudem am Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom. Im Jahre 2001 wurde er zum Honorarprofessor der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen in Frankfurt am Main ernannt. Dort ist er unter anderem als Berater für die Fachstelle der Deutschen Bischofskonferenz für den christlich-islamischen Dialog CIBEDO tätig.