Syrien: Der Krieg verändert sein Gesicht
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Syrien: Der Krieg verändert sein Gesicht

Eine Konferenz zum Frieden in Syrien wird im Vatikan in der kommenden Woche Lösungen für einen Krieg diskutieren, der schon längst kein reiner Bürgerkrieg mehr ist: Al Kaida, islamistische Gruppen aus dem gesamten Nahen Osten und aus Zentralasien mischen längst mit. Eine Woche darauf wird dann in Genf von der internationalen Gemeinschaft dasselbe Ziel verfolgt, man will Lösungswege finden.

Erstellt: 09.01.2014
Aktualisiert: 12.07.2015
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Eine Konferenz zum Frieden in Syrien wird im Vatikan in der kommenden Woche Lösungen für einen Krieg diskutieren, der schon längst kein reiner Bürgerkrieg mehr ist: Al Kaida, islamistische Gruppen aus dem gesamten Nahen Osten und aus Zentralasien mischen längst mit. Eine Woche darauf wird dann in Genf von der internationalen Gemeinschaft dasselbe Ziel verfolgt, man will Lösungswege finden.

Vor Ort versuchen die Menschen, irgendwie mit der Lage zu Recht zu kommen und zu überleben. Während um sie herum das Land zerbricht und seit nun drei Jahren Krieg herrscht, versuchen Menschen wie Pater Ghassan Sahoui weiterhin, die Solidarität untereinander aufrecht zu erhalten, und sei es nur in ganz kleinen Gebieten. Der Jesuitenpater leitet in Homs ein Jugendbildungszentrum für 700 Kinder.

„In Homs leben wir in einer relativ ruhigen Zone, aber ab und zu geht auch auf uns eine Rakete oder es gehen Mörsergranaten nieder. Auch wir sind nicht wirklich sicher. Wir warten ab und verhalten uns vorsichtig. Wenn etwas passiert, müssen wir alle sofort reagieren, aber das normale Leben geht weiter. Es gibt so viele Schwierigkeiten, vor allem materieller und ökonomischer Art, weil so viele Menschen keine Arbeit haben – und diejenigen, die eine haben, bekommen so wenig dafür, dass das nur für einen halben Monat reicht, und dann müssen sie sich irgendwelche anderen Mittel finden.“

Das Jugendzentrum arbeitet mit etwa hundert Mitarbeitern. Bei den Kindern mache man keinen Unterschied in der Religion, man kümmere sich um alle, so der Pater.

„Wir haben wirklich diese Solidarität unter uns. Wir wollen den Krieg nicht: Wir alle versuchen zu überleben und uns wirklich gegenseitig zu helfen, auch wenn es diesen Krieg gibt und all die Verzweiflung. Aber wenn wir zusammenarbeiten und uns helfen, dann zeigt sich auch eine gewisse Freude, selbst wenn in Syrien der Hass und die Feindschaft zwischen den Gruppen immer mehr zunehmen. Wir in unserem Zentrum sind so etwas wie eine Brücke: Hier können die Religionen, die draußen gegeneinander kämpfen, sich begegnen, wir sind eine Brücke vor allem zwischen Sunniten und Alawiten, die normalerweise Feinde sind.“

Ein internationaler Krieg

Der Bürgerkrieg in Syrien hat sich im Laufe der Zeit verändert. Heute sind es vermehrt Einflüsse von außen, die den Krieg am Leben erhalten. Kämpfer aus Tschetschenien und anderen Regionen beteiligen sich und bringen vor allem eine radikale Form des Islams ins Land, die auch den Charakter des Krieges verändert.

„Auch wir Christen sind davon betroffen, wie diese Fremden in unser Land gekommen sind und jetzt dort kämpfen. Es ist wahr, das ist kein Bürgerkrieg unter Syrern, sondern ein internationaler Krieg zwischen den Religionen. Es gibt so viele Länder, die bei uns ihre Interessen verfolgen. Wir sehen mit an, wohin der Hass des einen auf den anderen noch führt. Warum nur? Wenn man wirklich eine positive Lösung will, dann muss man reden und nicht kämpfen! Wir Christen wie alle anderen auch wollen nichts anderes als den Frieden.“

Pater Ghassan Sahoui hat nicht mehr viel Hoffnung, dass sich wirklich noch eine Lösung zeigen könnte. Trotzdem gäben die Menschen nicht auf.

„Natürlich nicht. Wir lassen die Politik und den Streit beiseite und versuchen, zu leben und vor Ort den Menschen zu helfen, ganz konkret. Schluss mit den Waffen und all dem Blut, denn so kann man doch nicht leben. Es gibt so viele Tote, so viele Opfer, es reicht, es reicht!“

Friedenskonferenz zu Syrien

Vor der internationalen Syrien-Konferenz in Genf wollen hochrangige Politiker in den Vatikan reisen, um über eine Beilegung des Konflikts zu beraten. Bei dem Treffen am 13. Januar, das von der Päpstlichen Akademie für Wissenschaften organisiert wird, soll es etwa um die Möglichkeit eines Waffenstillstands, die Einrichtung humanitärer Korridore sowie die Bildung einer Übergangsregierung gehen. Wie Radio Vatikan meldete, werden unter anderen der britische Ex-Premierminister Tony Blair und Friedensnobelpreisträger Mohamed El-Baradei erwartet. (KNA)

Über 73.000 Kriegsopfer

Mehr als 73.000 Menschen sind im vergangenen Jahr in Syrien getötet worden. Das ist der höchste Blutzoll seit Beginn des Konflikts im März 2011, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in ihrer Jahresbilanz bekanntgab. Demnach verzeichnete die Assad-kritische Nichtregierungsorganisation mit Sitz in London zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 73.455 Personen, die in Folge der Kampfhandlungen ums Leben kamen; 34.012 von ihnen waren Zivilisten, unter ihnen 3.673 Kinder. (KNA)