
Späte Aussöhnung mit dem „Priesterminister“
Als Außenminister war Miguel D''Escoto von 1979 bis 1990 der starke Mann in der linksorientierten Sandinisten-Regierung Nicaraguas unter Daniel Ortega. Freilich stand er international im Schatten seiner Ministerkollegen Ernesto Cardenal und dessen Bruders Fernando. Wie diese beiden war auch er katholischer Priester. Da jedoch nach den kirchlichen Normen geistlicher Stand und politisches Amt unvereinbar sind, erst recht in einer sozialistischen Partei, wurden die drei „Priesterminister“ nach mehrjährigen Klärungsversuchen 1985 vom Priesteramt suspendiert. Jetzt hat der Vatikan für D''Escoto diese Maßnahme zurückgenommen.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Als Außenminister war Miguel D''Escoto von 1979 bis 1990 der starke Mann in der linksorientierten Sandinisten-Regierung Nicaraguas unter Daniel Ortega. Freilich stand er international im Schatten seiner Ministerkollegen Ernesto Cardenal und dessen Bruders Fernando. Wie diese beiden war auch er katholischer Priester. Da jedoch nach den kirchlichen Normen geistlicher Stand und politisches Amt unvereinbar sind, erst recht in einer sozialistischen Partei, wurden die drei „Priesterminister“ nach mehrjährigen Klärungsversuchen 1985 vom Priesteramt suspendiert. Jetzt hat der Vatikan für D''Escoto diese Maßnahme zurückgenommen.
D''Escoto, inzwischen 81 Jahre alt, hatte dem Papst einen Brief geschrieben. Er wolle „zurückkehren und wieder die Messe feiern“ dürfen – vor seinem Tod, bat er. Papst Franziskus gab seine Zustimmung. Die Ordenskongregation zog die Suspendierung zurück, wie der Vatikan am Montag bestätigte.
Tauziehen um die Priesterminister
Jahrelang hatten die drei Priesterminister mit ihren kirchlichen Oberen um die Beibehaltung ihrer Doppelfunktion gestritten. Die Kirche betonte, der Priester müsse als Seelsorger für alle Menschen da sein. Sein Amt sei unvereinbar mit politischer Machtausübung, unterstrich Kardinal Miguel Obando Bravo von Managua, der geistliche Gegenspieler von Sandinisten-Chef Daniel Ortega. Dagegen argumentierten die priesterlichen Politiker, sie könnten der Kirche am besten durch die Förderung der Sandinisten-Revolution dienen.
In die Kontroverse schaltete sich auch der Papst persönlich ein. Das Bild von Johannes Paul II., der im Stadion von Managua mit erhobenem Zeigefinger und strengem Blick auf den vor ihm niederknienden Ernesto Cardenal einredete, ging um die Welt.
Es waren die Jahre der Auseinandersetzung um die Befreiungstheologien in Lateinamerika. Der Papst und sein Cheftheologe Kardinal Joseph Ratzinger verurteilten in zwei Dokumenten 1984 und 1985 marxistische Denkansätze und Einflüsse in dieser Theologie, die immer mehr Beachtung auch in Europa fand. Vor diesem Hintergrund fand das Tauziehen um die nicaraguanischen Priesterminister auch international Beachtung.
Das Ultimatum
1985 stellten der Vatikan und die zuständigen Ordensgemeinschaften ein Ultimatum – D''Escoto war Maryknoll-Pater, Fernando Cardenal Jesuit und sein Bruder Ernesto hatte geistliche Wurzeln bei den Trappisten. Alle drei wollten auf das politische Amt nicht verzichten und wurden suspendiert.
Dabei blieb es auch, als Daniel Ortega Anfang 1988 zu einer Audienz in den Vatikan kam – fünf Jahre nach dem Papstbesuch in seinem Land, bei dem Sandinisten-Funktionäre dessen Messe erheblich gestört und den Papst mit marxistischen Parolen niedergeschrien hatten. Damals rechnete man mit einem Auszug der drei Minister aus dem Kabinett. Die erwartete Geste kam jedoch nicht zustande.
D''Escoto hatte von Anfang an die kirchliche Suspendierung akzeptiert. Er blieb weiterhin in seiner Missions-Gemeinschaft, jedoch ohne jegliche pastorale Aufgaben wahrzunehmen. 2008 wurde er dann für ein Jahr Präsident der UN-Vollversammlung. Da er keine politischen Aufgaben mehr innehat, stand der Rücknahme der Suspendierung nichts mehr im Wege, als er – anders als seine einstigen Ministerkollegen – den Papst um Rückkehr in den aktiven Klerikerstand bat.
Von Johannes Schidelko