Papst mahnt in der Türkei zur Religionsfreiheit
Papst Franziskus hat in der Türkei zur Achtung der Religions- und Meinungsfreiheit aufgerufen. Muslime und Christen müssten gleiche Rechte und Pflichten haben, sagte er vor Präsident Recep Tayyip Erdogan und den Spitzen der türkischen Regierung am Freitag in Ankara. Er sei gekommen, um den respektvollen Dialog seiner Vorgänger fortzusetzen. „Wir haben einen Dialog nötig, der die Kenntnis der vielen Dinge vertieft, die uns verbinden, und sie abwägend zur Geltung bringt“. Zugleich müsse man „weise und gelassen die Unterschiede bedenken, um auch aus ihnen Lehren zu ziehen“.
Aktualisiert: 08.02.2023
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Der Papst nannte die Türkei eine natürliche Brücke zwischen Asien und Europa und zwischen zwei Kulturen. Als Heimat des Apostels Paulus, Ort von sieben Konzilien und der Legende nach auch zeitweiliger Wohnort Marias, der Mutter Jesu, sei dieses Land jedem Christen teuer.
Papst erinnert an Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak
Eine wichtige Rolle spielt die Türkei aus Sicht des Papstes für die Lösung der Konflikte im Nahen Osten. „Ihre Entscheidungen und ihr Beispiel besitzen ein besonderes Gewicht“, sagte er. Dabei erinnerte er an die Verfolgung von Christen und Jesiden sowie anderer Minderheiten in Syrien und im Irak durch Terroristen. „Wir dürfen uns nicht mit einer Fortsetzung der Konflikte abfinden, als ob nicht eine Änderung zum Besseren dieser Situation möglich wäre“, betonte Franziskus.
Er dankte der Türkei, dass sie eine große Zahl von Flüchtlingen „hochherzig aufgenommen“ habe. Die internationale Gemeinschaft habe die Pflicht, dem Land bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms zu helfen.
Für eine Lösung der Konflikte im Nahen Osten dürfe man nicht allein auf militärische Mittel setzen, sagte der Papst. Zum Kampf gegen Fanatismus und Fundamentalismus seien auch interreligiöser und interkultureller Dialog sowie die Solidarität aller Glaubenden nötig. Grundlage dafür seien Respekt vor dem menschlichen Leben und die Religionsfreiheit, sagte Franziskus.
Erdogan beklagt Islamophobie im Westen
Erdogan beklagte indes eine wachsende Islam-Feindlichkeit im Westen. Die Islamophobie, die Islam mit Gewalt, Terrorismus und Intoleranz gleichsetzen wolle, breite sich rasch aus, sagte der türkische Staatspräsident nach dem Treffen mit Papst Franziskus. Millionen Muslime fühlten sich stigmatisiert und an den Rand gedrängt. Viele von ihnen würden Opfer von Hass, Übergriffen und Diskriminierung.
Er hoffe, dass von seinem Gespräch mit dem Papst ein Signal des Friedens für die ganze islamische und christliche Welt ausgehen werde. Rassismus, Diskriminierung und Hassverbrechen müssten gemeinsam bekämpft werden. Der Papstbesuch solle der Beginn einer neuen Ära der Zusammenarbeit sein.
Franziskus komme in einem für die Länder der Region und ihre Religionen sehr schwierigen Moment, so Erdogan. Die Religionen müssten enger zusammenarbeiten, um die schweren Konflikte im Nahen Osten zu lösen. Er stimme den meisten Positionen von Franziskus zu, sagte der Präsident.
Erdogan bekräftigte auch seine Kritik an der Haltung des Westens im Syrien-Konflikt. Während alles über die Terrormiliz „Islamischer Staat“ rede, unternehme niemand etwas gegen das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad, das den in den vergangenen Jahren des Bürgerkriegs den Tod von 300.000 Menschen verschuldet habe. In Syrien herrsche ein „Staatsterror“.
Papst Franziskus hat heute seinen dreitägigen Türkei-Besuch begonnen. Anlass der sechsten Auslandsreise von Franziskus ist eine Begegnung mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. am Wochenende in Istanbul. Am Samstag besucht das katholische Kirchenoberhaupt die Blaue Moschee. Es ist das erste Mal, dass Franziskus als Papst ein islamisches Gotteshaus betritt. (lek mit KNA)