
Einigung über Prostitutionsgesetz
Die große Koalition hat sich auf die Grundzüge eines Gesetzes zum Schutz von Prostituierten geeinigt. Dazu gehört eine Anmelde- und Beratungspflicht für Prostituierte, Regelungen für Prostitutionsstätten sowie die umstrittene Kondompflicht für Freier. Die Fachpolitiker von Union und SPD konnten nach langen Verhandlungen die letzten Streitpunkte weitgehend ausräumen. Noch länger dauerte es allerdings, bis sich überhaupt eine Regierung zur Reform des Prostitutionsgesetzes von 2002 durchringen konnte.
Aktualisiert: 12.07.2015
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Die große Koalition hat sich auf die Grundzüge eines Gesetzes zum Schutz von Prostituierten geeinigt. Dazu gehört eine Anmelde- und Beratungspflicht für Prostituierte, Regelungen für Prostitutionsstätten sowie die umstrittene Kondompflicht für Freier. Die Fachpolitiker von Union und SPD konnten nach langen Verhandlungen die letzten Streitpunkte weitgehend ausräumen. Noch länger dauerte es allerdings, bis sich überhaupt eine Regierung zur Reform des Prostitutionsgesetzes von 2002 durchringen konnte.
Die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung verantwortete Liberalisierung der Prostitution führte zu einem sprunghaften Anstieg der Zwangs- und Elendsprostitution vor allem aus osteuropäischen Ländern. Deutschland gilt inzwischen als „Bordell Europas“. Das soll sich mit den neuen Regeln ändern.
Nach der nun getroffenen Vereinbarung müssen sich alle Prostituierten künftig alle zwei Jahre neu anmelden und den Nachweis über die Anmeldung auf Verlangen gegenüber Behörden vorlegen. Unter 21-Jährige müssen sich jährlich neu anmelden. Voraussetzung ist eine verpflichtende jährliche ärztliche Gesundheitsberatung. Sie soll Prostituierten zugleich ermöglichen, Kontakt zu einer vertraulichen Stelle außerhalb des Milieus aufzunehmen.
Das betrifft vor allem mögliche Opfer von Menschenhandel , die zum Teil quer durch Deutschland verschoben werden, ohne Kontakt zur Außenwelt. Eine individuelle Anmeldepflicht bei Ortswechsel wird es allerdings nicht geben – ebenso wenig die von der Union angestrebte verpflichtende monatliche Gesundheitsuntersuchung. Sie sollte sowohl die Gesundheit der Frauen wie die der Freier schützen.
Kein Mindestalter von 21
Auch konnte die Union sich nicht mit ihrer Forderung nach einer Heraufsetzung des Mindestalters auf 21 durchsetzen. Die SPD hatte die Sorge, dass die jüngeren Frauen damit in die Illegalität abgedrängt würden und für Hilfen nicht mehr erreichbar seien. Der besonderen Situation junger Prostituierter soll nun neben der häufigeren Gesundheitsberatung ein besonderer Schutzparagraf Rechnung tragen.
Durchsetzen konnte die Union die Kondompflicht. Damit will sie vor allem die Selbstbestimmung der Prostituierten stärken. Dabei sind sich die Fachpolitiker bewusst, dass eine Überprüfung schwierig ist. Es soll Prostituierten aber zumindest die Möglichkeit bieten, mit Verweis auf das Gesetz ungeschützten Geschlechtsverkehr abzulehnen. Unions-Fraktionsvize Nadine Schön (CDU) sieht darin zudem ein „klares Signal an den Freier, dass Prostituierte nicht als reine Objekte anzusehen sind“.
Die Regelungen sollen für alle Prostituierte gelten, gleich ob sie in Bordellen arbeiten oder ihr Geld auf dem Straßenstrich oder in Privatwohnungen verdienen. Bereits im August hatten sich beide Seiten auf Grundzüge zur Regulierung der Prostitutionsstätten geeinigt. Dazu gehören eine Erlaubnispflicht und eine Zuverlässigkeitsprüfung. Weisungen der Zuhälter, die der Selbstbestimmung der Prostituierten widersprechen, sollen künftig unzulässig sein.
Referentenentwurf im März
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will bis März einen Referentenentwurf vorlegen. Dabei werden noch viele Details zu regeln sein. Außerdem dürfte sich im parlamentarischen Verfahren noch einiges ändern.
Die Opposition übte derweil wie zu erwarten scharfe Kritik. Grüne wie Linke hatten verpflichtende Regelungen stets als Stigmatisierung und Bevormundung der Prostituierten abgelehnt. Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer sah hingegen in dem Kompromiss einen Sieg der „Pro-Prostitutionslobby“.
Parallel dazu muss nun auch das Bundesjustizministerium eine Regelung gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution vorlegen. Die Union fordert hier unter anderem die Einführung der Strafbarkeit von Freiern, wenn diese „wissentlich und willentlich die Zwangslage der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution ausnutzen und diese zu sexuellen Handlungen missbrauchen“. Die Regelung soll im Rahmen der – längst überfälligen – Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie geschehen. Bundesjustizminister Heiko Mass (SPD) hat zwar einen Entwurf vorgelegt – um die Frist einzuhalten. Die Zwangsprostitution hat er aber bislang ausgespart.
Von Christoph Scholz (KNA)