Eine Kirche für 25.000 Flüchtlinge
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Eine Kirche für 25.000 Flüchtlinge

Zentralafrika ‐ In der Zentralafrikanischen Republik wird die Lage der Bevölkerung immer dramatischer. Mittlerweile leben 25.000 Flüchtlinge in Zelten und primitivsten Hütten um die Pfarrei von Bischof Pater Albert Vanbuel von den Salesianern Don Boscos . Der Bischof leitet die zentralafrikanische Diözese Kaga-Bandoro.

Erstellt: 12.03.2015
Aktualisiert: 12.07.2015
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In der Zentralafrikanischen Republik wird die Lage der Bevölkerung immer dramatischer. Mittlerweile leben 25.000 Flüchtlinge in Zelten und primitivsten Hütten um die Pfarrei von Bischof Pater Albert Vanbuel von den Salesianern Don Boscos . Der Bischof leitet die zentralafrikanische Diözese Kaga-Bandoro.

Die Menschen sind vor Gewalt geflohen und erhoffen sich Schutz und Sicherheit. Viele ihrer Häuser wurden von Rebellen angezündet und ihre Felder in Brand gesetzt. Die Landwirtschaft liegt brach, Benzin ist im ganzen Land Mangelware. Erst in 330 Kilometer Entfernung von der Diözese gibt es die Möglichkeit zu tanken. Behörden, Schulen und auch Krankenhäuser funktionieren nicht mehr. Die Häuser wurden zerstört und Geburtsurkunden und Papiere vernichtet. Viele Menschen können deshalb jetzt keine Ausweise mehr beantragen und legal über die Grenze fliehen.

„Auch Polizei und die Staatsarmee sind vor den Rebellen geflohen. Alle sind abgehauen und es gibt keine funktionierenden Strukturen mehr. Man könnte sagen, dass ich noch die einzig verbliebene Autorität im Land bin“, so Bischof Vanbuel. Selbst die Rebellen hätten vor ihm Respekt und würden mit ihm sprechen. Seit Dezember 2012 ist die Gewalt im Land eskaliert. Muslimische Seleka-Rebellen und die mehrheitlich christliche Milizen-Koalition Anti-Balaka bekämpfen sich und versuchen ihr Machtmonopol auszubauen. Immer mehr Zivilisten fallen dem Bürgerkrieg zum Opfer.

Bild: © Don Bosco Mission

In dem Flüchtlingslager leben die Menschen unter katastrophalen Verhältnissen. Es gibt kein fließend Wasser oder Strom. Viele Hilfsorganisationen sind aus dem Land geflohen. Caritas versorgt die Menschen mit Wasser, Essen und Medikamenten. Die dort stationierten UN-Blauhelmsoldaten übernehmen die Verteilung der Hilfsgüter. Im Lager leben Christen und Muslime zusammen. „ Bei uns findet jeder Schutz, unabhängig von seinem Glauben“, so der belgische Salesianerbischof. Manche Flüchtlinge leben im Busch und kommen in die Pfarrei, um mit Essen versorgt zu werden. Die Versorgung aller Bedürftigen wird aber immer schwieriger.

„Alle, die Frieden wollen, sind in Gefahr“

Seit 21 Jahren lebt Bischof Vanbuel schon in der Zentralafrikanischen Republik. „Das Land befindet sich ständig in Gewaltkonflikten. In den Jahren, die ich hier bin, gab es nur zwei Jahre ohne Krieg. Sämtliche Friedensabkommen wurden wieder gebrochen“, sagt der 74-jährige Salesianerpater, der Ende des Jahres nach Europa zurückkehren wird. Obwohl Zentralafrika reich an Bodenschätzen wie Diamanten ist, ist es das drittärmste Land der Welt. Die Bevölkerung profitiert nicht von dem Reichtum, sondern ist extrem arm.

Bild: © weltkirche.de

Auch Länder wie der Nachbarstaat Tschad oder Frankreich, das Truppen in die ehemalige Kolonie entsendet, sind vor allem an den Bodenschätzen interessiert. Deshalb handelt es sich für den Bischof im Kern auch nicht um einen religiösen Konflikt. „Alle, die Frieden wollen, sind in Gefahr. Niemand liebt das Land und seine Bevölkerung wirklich. Alle verfolgen nur ihre Interessen und wollen sich bereichern“, so die bittere Bilanz des Bischofs.

„ Wir haben uns sehr gefreut, als Catherine Samba-Panza im letzten Jahr zur Übergangspräsidentin des Landes gewählt wurde. Jetzt stellen wir fest: Sie ist machtlos! Entscheidungen fällen andere und nicht sie!“. Die ehemalige Bürgermeisterin der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui soll auch neue Wahlen ausrichten. „Ohne geeignete Strukturen können wir keine Wahlen durchführen.“ Eine Chance könnte nach Meinung des Bischofs die Vermittlung der römischen Gemeinschaft Sant''Egidio sein. Für den Sommer dieses Jahres sind konkrete Vermittlungsgespräche geplant.

„Der Bevölkerung muss geholfen werden. Der Staat kann das nicht, denn de facto besteht er nicht mehr“, so Vanbuel. Die Rebellen hätten seit dem Dezember 2012 das Land in ein totales Chaos verwandelt. „Die Kirche kann Wege für eine Lösung aufzeigen. Wir müssen uns für das Leben entscheiden und nicht für die Gewalt.“

Von Kirsten Prestin

www.donboscomission.de

Zur Person

Pater Albert Vanbuel wurde am 5. Dezember 1940 in Zolder in der Diözese Gant in Belgien geboren. Er trat 1958 in das Noviziat ein und legte am 25. August 1959 die zeitlichen und am 19. April 1965 die ewigen Gelübde ab. Am 21. September 1967 wurde er zum Priester geweiht. In Belgien hatte er folgende Ämter inne: Direktor der Maison de Philosophie (1972-1978); Pfarrvikar (1978-1983); Beauftragter des Jugendzentrums Oud Heverlee (1983-1988); Sekretär der Ordensprovinz (1988-1994). Am 16. Juli 2005 ernannte ihn Papst Benedikt XVI. zum Bischof von Kaga-Bandoro. (lek mit fides)

Hintergrund

Ein Hintergrundpapier des Netzwerks Afrika Deutschland (NAD) zur Machtübernahme in der Zentralafrikanischen Republik können Sie hier als PDF herunterladen: