
Appell gegen Armut und Korruption
Papstreise nach Kenia ‐ Papst Franziskus hat am Mittwoch seine erste Afrika-Reise angetreten. Bei seinem Empfang in der kenianischen Hauptstadt Nairobi rief er zum Kampf gegen Armut und Korruption auf. Die Kür seines Besuchs in dem ostafrikanischen Land begann jedoch erst am heutigen Donnerstag.
Aktualisiert: 26.11.2015
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Normalerweise ist es Papst Franziskus, der sein Gegenüber darum bittet, für ihn zu beten. Uhuru Kenyatta machte es umgekehrt. In seiner Begrüßungsansprache bat Kenias Staatspräsident am Mittwoch um das Gebet seiner „Heiligkeit“ - und zwar ganz unverhohlen zunächst für sich selbst, damit er das Land führen könne; erst an zweiter Stelle nannte er „ganz Kenia“. Und das vor der versammelten politischen Klasse des Landes und dem diplomatischen Corps.
Franziskus ist während seiner Auslandsreisen schon einigen sehr selbstbewussten Staatsmännern begegnet. Doch Kenyattas Auftreten am State House, dem Sitz des Präsidenten, dürfte auch für ihn eine neue Erfahrung gewesen sein. Anmerken ließ sich der 78-Jährige allerdings nichts.
Der Papst begann seine erste Afrika-Reise in Nairobi mit einem Appell, der nicht nur Kenia, sondern dem ganzen Kontinent galt: Er rief zum Kampf gegen Armut und zum Einsatz für eine gerechte und friedliche Gesellschaft auf. Unüberhörbar war seine Kritik an der Korruption, die in der politischen Klasse Kenias wie auch andernorts auf dem Kontinent weit verbreitet ist. Im Beisein des Staatspräsidenten ermahnte er sie dazu, „mit Redlichkeit und Transparenz für das Gemeinwohl zu arbeiten“. Die gesellschaftlichen Eliten müssten für eine gerechte Verteilung der natürlichen und menschlichen Ressourcen sorgen. Im Publikum gab es dafür nur sehr verhaltenen Beifall. In kaum einem anderen afrikanischen Land außer Südafrika ist die Kluft zwischen Arm und Reich so groß wie in Kenia.
Religiöse und ethnische Spannungen überwinden
Auch Franziskus‘ Aufruf zur Überwindung der religiösen und ethnischen Spaltungen in Kenia konnte man als Ermahnung Kenyattas lesen. Kritiker werfen ihm und der Regierung vor, nach den islamistischen Terroranschlägen im Land Muslime – vor allem somalische Flüchtlinge – diskriminiert und unter Generalverdacht gestellt zu haben. Franziskus forderte einen unerschrockenen Geist der Vergebung, Versöhnung und Toleranz, vor allem jedoch soziale Gerechtigkeit. „Die Erfahrung zeigt, dass Gewalt, Konflikt und Terrorismus durch Angst, Misstrauen und durch die Verzweiflung genährt werden, die aus Armut und Frustration entspringt“, so der Papst. Die multiethnische kenianische Gesellschaft brauche ein harmonisches Fundament, das niemanden ausgrenze.
Der Empfang in Nairobi war freundlich, aber nicht überschwänglich. Auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt winkten und jubelten mehrere Tausend Menschen; doch richtige Volksfeststimmung wie zuletzt in Lateinamerika kam in Nairobi nicht auf. Der Papst benutzte nicht das offene Papamobil, sondern einen Van vom Typ „Toyota Probox“.
Auf dem Flug nach Kenia hatte Franziskus zuvor gesagt, dass er sich von seiner ersten Afrika-Reise auch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage für die einheimische Bevölkerung erhoffe. Er wünsche sich, dass sein Aufenthalt in Kenia, Uganda und der Zentralafrikanischen Republik „reiche Früchte trägt, sowohl spirituell als auch materiell“, sagte er vor mitreisenden Journalisten. Was er damit konkret meinte, blieb offen. Unmittelbar vor seiner Abreise am Mittwoch hatte der Papst mit der Begrüßung von ehemaligen Zwangsprostituierten und deren Kindern im Vatikan ein weiteres Zeichen gegen den Menschenhandel gesetzt.
Der erste Tag in Afrika war für den Papst Pflicht. Das von ihm wenig geliebte Protokoll forderte sein Recht. So musste sich Franziskus neben Kenyatta und fünf üppig verzierten Generälen vor dem State House die vorgeschriebenen 21 Salutschüsse anhören, zur Rechten und zur Linken jeweils eine alte Kanone. Während der Zeremonie blickte er mürrisch zu Boden.
Große Papstmesse mit Tausenden Kenianern
Die Kür begann für Franziskus erst am zweiten Besuchstag. Am Donnerstagmorgen rief der Papst bei einem ökumenischen Treffen in der Vatikanbotschaft zur gemeinsamen Abwehr von Extremismus und Terror auf. „Allzu häufig werden Jugendliche im Namen der Religion zu Extremisten gemacht, um Zwietracht und Angst zu säen und um das Gefüge unserer Gesellschaften zu zerstören“, sagte er.
Bei einer anschließenden großen Messe in der Hauptstadt Nairobi hob Franziskus den Zusammenhalt von Familien als zentralen gesellschaftlichen Wert hervor. „Die Gesundheit jeder Gesellschaft hängt von der Gesundheit der Familien ab“, sagte er auf dem Campus der Universität. Trotz starken Regens hatten Tausende Kenianer den Papst zu Beginn des Gottesdienstes begeistert begrüßt.
Für den Nachmittag des zweiten Besuchstags in Kenia ist ein Treffen des Papstes mit Priestern, Ordensleuten und Seminaristen in der St. Mary's School vorgesehen. Mit Spannung wird zudem seine Rede am Sitz des Umweltprogramms der Vereinten Nationen erwartet.
Von Thomas Jansen (KNA) (mit Ergänzungen um weitere KNA-Meldungen vom 26.11.15)
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