348 Tage im Geist von Vergebung und Barmherzigkeit
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348 Tage im Geist von Vergebung und Barmherzigkeit

Heiliges Jahr ‐ Das Heilige Jahr hat begonnen. Papst Franziskus hat als erster die Heilige Pforte durchschritten und das Jubiläum der Barmherzigkeit eröffnet. In den 348 Tagen erwartet Rom 33 Millionen Besucher.

Erstellt: 08.12.2015
Aktualisiert: 08.12.2015
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Mit einer schlichten Zeremonie hat Papst Franziskus am Dienstag das Außerordentliche Heilige Jahr eröffnet. Keine symbolischen Hammerschläge wie in der Vergangenheit, auch kein Mauerabbruch, bei dem 1975 Papst Paul VI. beinahe von herabfallenden Steinen getroffen wurde. Stattdessen stieß der Papst die beiden Flügel des rechten Eingangsportals zum Petersdom auf, das sonst vermauert ist. Im stillen Gebet verweilte er auf der Schwelle. Dann durchschritt er als erster die Heilige Pforte und eröffnete damit das Jubiläum der Barmherzigkeit.

Ihm folgte als zweiter der emeritierte Papst Benedikt XVI., der zu diesem Anlass erneut die Abgeschiedenheit seines umgebauten Klosters verließ. Bis 20. November 2016 werden sich ihnen Millionen Pilger anschließen.

Mit Bedacht hat Papst Franziskus den Beginn des Heiligen Jahres auf den 8. Dezember gelegt. An diesem Tag vor 50 Jahren endete das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965). Das Jubiläumsjahr solle den Elan des Konzils und seiner Öffnung zur Welt und den Menschen hin neu beleben, forderte er in seiner Predigt. Und zugleich soll das Heilige Jahr unter den Leitthemen von Umkehr und Versöhnung stehen – und insbesondere von Barmherzigkeit, einem Kernanliegen des Pontifikats. Während des Jahres wird der Papst nacheinander verschiedene Werke der Barmherzigkeit in konkreten Gesten vollziehen: etwa mit Besuchen in einer Armenküche, einem Krankenhaus und einem Gefängnis.

Eröffnungsmesse mit mehr als 50.000 Gläubigen

Mehr als 50.000 Menschen nahmen bei leichtem Nieselregen an der Eröffnungsmesse auf dem Petersplatz teil, die unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen stattfand. Seit Sonntag gilt für Rom und vor allem die Umgebung des Vatikans die höchste Alarmstufe. Die breite Via della Conciliazione, die auf den Petersplatz führt, ist für den Autoverkehr gesperrt, ebenso wie die umliegenden Straßen.

Ein erhöhtes Aufgebot an Polizei und Militär kontrolliert alle Zugänge in Richtung Vatikan. Bereits weit vor dem Petersplatz sind Sicherheitsschleusen mit Metalldetektoren aufgestellt, mit denen alle Besucher kontrolliert werden, auch Kleriker. Schon seit den früheren Morgenstunden bildeten sich lange Warteschlangen.

Bereits vor den Terroranschlägen von Paris war klar, dass die Sicherheit der Pilger eine besondere Herausforderung sein wird. Im Sommer hatte Stadtpräfekt Franco Gabrielli Römer und potenzielle Gäste verschreckt, als er vom „ersten Heiligen Jahr in der Ära des IS“ sprach. Seither hält sich die Sorge, das Heilige Jahr könnte zu einem „weichen Ziel“ des internationalen Terrorismus werden. Der Vatikan stieg nicht darauf ein.

Heilige Pforten in allen Diözesen der Weltkirche

Anders als 2000, als Rom und der Vatikan sich in einem fünfjährigen Marathon auf das Jahrtausend-Jubiläum vorbereiteten, ließ Franziskus den Planern gerade mal neun Monate Zeit. Im Vatikan wurde der Rat für die Neuevangelisierung mit den inhaltlichen Planungen beauftragt. Im Mittelpunkt stehen ein- bis dreitägige Veranstaltungen für einzelne Kirchen- und Gesellschaftsgruppen: für Priester, Ordensleute, Katecheten und Diakone, für Jugendliche, für Kranke und Behinderte und vor allem für Mitarbeiter in sozialkaritativen Diensten. Letztere findet Anfang September statt. Vielleicht wird dann auch die Ordensgründerin Mutter Teresa von Kalkutta heiliggesprochen.

Die Stadt Rom tat sich schwer mit der Vorbereitung. Als der Papst sein geistliches Projekt publizierte, brach die Kommunalverwaltung gerade über dem Korruptionsskandal „Mafia capitale“ auseinander; der Bürgermeister trat zurück. Der Ausbau der Infrastruktur zur Leitung des Pilgerstroms begann erst im Oktober. Derzeit ist der Ausbau der vier klassischen Pilgerwege noch in vollem Gange, ebenso wie viele Straßensanierungen. Aber selbst kritische Beobachter sind überrascht, was die Römer doch noch in wenigen Wochen fertiggestellt haben.

Ohnehin soll das Heilige Jahr nach dem Wunsch des Papstes diesmal nicht nur in Rom, sondern dezentral begangen werden. In allen Diözesen der Weltkirche werden in diesen Tagen Heilige Pforten geöffnet. Dennoch bleibt die Ewige Stadt ein besonderer Anziehungspunkt.

Von Johannes Schidelko (KNA)

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