Begegnung auf Augenhöhe
Ökumene ‐ Schon seit 30 Jahren ist ein Gipfeltreffen von römischem Papst und Moskauer Patriarch immer wieder im Gespräch. Nun der Paukenschlag: Zum ersten Mal begegnen sich heute Patriarch Kyrill I. und Papst Franziskus - auf dem „neutralen Boden“ Kubas noch dazu. Wir beantworten fünf Fragen zu dem historischen Kirchentreffen.
Aktualisiert: 12.02.2016
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Papst Franziskus und der Moskauer Patriarch der russischen orthodoxen Kirche, Kyrill I., begegnen sich heute erstmals in Kuba, wo sich ihre Wege zu Reisen nach Mittel- und Südamerika überschneiden. Wir beantworten fünf Fragen zur Bedeutung des historischen Treffens.
Inwiefern ist die Begegnung zwischen Papst und Patriarch historisch?
Es handelt sich um das erste Treffen eines römischen Papstes und des Oberhaupts der russisch-orthodoxen Kirche in der Geschichte. Während seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) vor allem die Beziehungen zwischen Rom und dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, dem Ehrenoberhaupt der Orthodoxie, stetig zwischen Päpsten und Patriarchen gepflegt wurden, blieben die Kontakte nach Moskau stets nur auf Arbeitsebene. Ohne die bei weitem größte orthodoxe Kirche sind aber ökumenische Durchbrüche zwischen den beiden Konfessionen nicht möglich.
Warum kam es bisher nicht zu einem Treffen?
Von russischer Seite wurden seit den 1990er Jahren vor allem die Konflikte zwischen der mit Rom unierten griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine und der dortigen orthodoxen Kirche als Hindernis genannt. Zu weiteren Spannungen führte die Errichtung von vier katholischen Diözesen in Russland im Jahr 2002, womit aus Moskauer Sicht der Vorwurf der Abwerbung von Gläubigen begründet wurde. Tatsächlich hatte sich das Moskauer Patriarchat damit selbst Hürden vor einem Treffen aufgebaut, die es kaum überwinden konnte.
Warum findet es ausgerechnet auf Kuba statt?
Kuba gilt als neutraler Begegnungsort in der „Neuen Welt“. Nach Angaben des Außenamtsleiters des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, hat Patriarch Kyrill ein Treffen in Europa immer für unangebracht gehalten, weil mit diesem Kontinent die Geschichte von Trennungen und Konflikten verbunden sei. Papst Franziskus hatte angesichts dessen erklärt, er sei zu einem Treffen mit Kyrill an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit bereit. Franziskus hatte erst im vergangenen September einen offiziellen Besuch auf Kuba gemacht. Zuvor war durch seine Vermittlung und unter tatkräftiger Mithilfe des Kardinals von Havanna, Jaime Ortega, die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Kuba und den USA gelungen.
Welche Besonderheiten kennzeichnen die Begegnung?
Das Treffen findet gleichsam „auf Augenhöhe“ statt, da weder Papst noch Patriarch Gast oder Gastgeber ist. Es gibt keinen gemeinsamen Gottesdienst und auch keine Anwesenheit des Kirchenvolks. Es ist somit ein Treffen auf niedrigstmöglicher protokollarischer Ebene, was es für die Moskauer Seite leichter macht, von den früheren Vorbedingungen abzurücken. Zudem steht mit der Christenverfolgung im Nahen Osten und Afrika ein Thema auf der Tagesordnung, dem beide Seiten höchste Bedeutung zumessen.
Welche Perspektiven eröffnet das Treffen?
Mit der Begegnung dürfte das Eis endgültig gebrochen sein. Offiziellen Besuchen steht danach nichts mehr im Weg. Für eine weitere Annäherung der katholischen und der orthodoxen Kirche, die außer der unterschiedlichen Sicht des Papstamts dogmatisch wenig trennt, stehen die Chancen deshalb so gut wie nie zuvor. Politisch-diplomatisch sind weitere gemeinsame Aktivitäten zur Hilfe für verfolgte Christen zu erwarten.
Von Norbert Zonker (KNA)
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