Drei Millionen Pilger in 100 Tagen
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Drei Millionen Pilger in 100 Tagen

Heiliges Jahr ‐ Bislang war vom Heiligen Jahr in Rom recht wenig zu spüren. Abgesehen von wenigen Großereignissen ging der Besucherandrang scheinbar kaum über den jahreszeitlich üblichen Rahmen hinaus. Aber der Eindruck täuscht. Mit Beginn der Touristensaison kommen auch Heilig-Jahr-Besucher nach Rom.

Erstellt: 18.03.2016
Aktualisiert: 18.03.2016
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Bislang war vom Heiligen Jahr in Rom recht wenig zu spüren. Abgesehen von wenigen Großereignissen ging der Besucherandrang scheinbar kaum über den jahreszeitlich üblichen Rahmen hinaus. Terrorangst, Dauerquerelen innerhalb der römischen Stadtverwaltung und eine defizitäre Infrastruktur schreckten viele Besucher ab. Das Bild von der Großbaustelle Rom ging um die Welt, von einem Flop war die Rede. Aber der Eindruck täuscht. In den ersten 100 Tagen des Heiligen Jahres seien drei Millionen Heilig-Jahr-Pilger zum Vatikan gekommen, teilte jetzt der vatikanische Cheforganisator Erzbischof Rino Fisichella mit. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2015 nahmen 3,2 Millionen Menschen an Veranstaltungen mit dem Papst in Rom teil.

Zwar tröpfelt an normalen Tagen die Zahl der Pilger, die unter Gebeten und im Zeichen der Buße die Heilige Pforte des Petersdoms durchschreiten. Aber zu bestimmten Jubiläumsfeiern muss man dort auch Wartezeiten von vier Stunden in Kauf nehmen. Der Vatikan wollte zum Jubiläumsjahr Pilger von den normalen Touristen trennen. Dazu hat die Stadt Rom einen mit Sperrgittern abgegrenzten Weg über die lange Via Conciliazione zum Petersplatz angelegt, der den Jubiläumspilgern vorbehalten ist – die sich für den Gang durch die Heilige Pforte vorab anmelden müssen. Anwohner beklagen, dass sie deshalb nicht mehr den Petersplatz überqueren können, sondern zum gegenüberliegenden Stadtteil einen riesigen Bogen gehen müssen.

Starkes Sicherheitsaufgebot

Zu Beginn des Heiligen Jahres am 8. Dezember war die Angst nach den Terror-Anschlägen von Paris groß, es galt die höchste Sicherheitsstufe. So kamen zum feierlichen Auftakt des außerordentlichen Heiligen Jahrs nur einige Zehntausend Gläubige. An manchem Sammelpunkt wie der Bahnstation San Pietro sah man mehr Polizisten, Ordner und Militärs als Pilger.

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Die sichtbare Präsenz von Polizei und Militär rund um den Vatikan soll ein Gefühl von Sicherheit vermitteln. Inzwischen wurde die Warnstufe heruntergesetzt. Das anfängliche Flugverbot über Rom gilt nicht mehr, und die weiträumige Absperrung rund um den Vatikan sowie auch das strikte Verbote für Händler aller Art werden inzwischen lockerer gehandhabt. Aber auch wenn die Erinnerung an Paris inzwischen zu verblassen scheint, bleibe eine Terrorgefahr, betonte Roms zuständiger Stadtpräfekt Franco Gabrielli gegenüber Radio Vatikan. Daher sei das starke Sicherheitsaufgebot weiter notwendig.

Vatikan rechnet mit starkem Andrang über Kar- und Ostertage

Zu den bevorstehenden Kar- und Ostertagen mit den großen Zeremonien des Papstes rechnen die Heilig-Jahr-Planer wieder mit einem starken Besucherandrang. Ebenso zum darauffolgenden Sonntag der Barmherzigkeit. Weitere Höhepunkte dürften das Jubiläum der Kinder und Jugendlichen Ende April sein, dann Anfang Juni das Priestertreffen und im Juli der Weltjugendtag im südpolnischen Krakau sein, der ebenfalls zum Heilig-Jahr-Programm zählt. Einen Ansturm dürfte dann die Heiligsprechung von Mutter Teresa auslösen, die der Papst soeben für den 4. September bestätigt hat.

Der Stadt Rom kommt der zögerliche Beginn des Jubiläumsjahres gelegen – oder hatte sie ihn gar einkalkuliert? Denn immer noch wird an Straßen und der Infrastruktur für die Pilger aus aller Welt gearbeitet. Die westliche Zufahrt vom Flughafen zum Vatikan ist weiterhin eine Baustelle. An der Straße vom Bahnhof San Pietro zum Vatikan werden seit drei Monaten in mühsamer Kleinarbeit die Pflastersteine erneuert. Die vier historischen Pilgerwege von der Lateran-Basilika und der Kirche Santa Maria Maggiore zum Vatikan, als Vorzeigeprojekt der Stadt angekündigt, sind noch nicht ansatzweise realisiert.

Der Vatikan hat sich an den Zahlenspekulationen der Stadt Rom von Anfang an nicht beteiligen wollen. Eine Zahl von 30 Millionen sei unrealistisch, heißt es in vatikanischen Büros. Denn nach dem Wunsch von Papst Franziskus sollte das Jahr der Barmherzigkeit nicht nur in Rom stattfinden. In 2.089 Diözesen rund um den Erdball seien inzwischen mehr als 10.000 Heilige Pforten geöffnet, teilte Fisichella mit. Schließlich gehe es nicht um die Organisation von Reisen und Tourismus, sondern um ein geistliches Ereignis: um die persönliche Umkehr des Einzelnen und um Werke der Barmherzigkeit.

Von Johannes Schidelko (KNA)

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