Projekte sollen Osteuropäerinnen vor Zwangsprostitution schützen
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Projekte sollen Osteuropäerinnen vor Zwangsprostitution schützen

Frauen ‐ Das Thema Zwangsprostitution macht derzeit nur selten Schlagzeilen. An der Problematik hat sich indes wenig geändert. Hilfswerke wollen Betroffene unterstützen - und in der Gesellschaft für Aufklärung sorgen.

Erstellt: 18.10.2017
Aktualisiert: 18.10.2017
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Das Thema Zwangsprostitution macht derzeit nur selten Schlagzeilen. An der Problematik hat sich indes wenig geändert. Hilfswerke wollen Betroffene unterstützen - und in der Gesellschaft für Aufklärung sorgen.

Als die junge Prostituierte Katharina in einer Augsburger Wohnung entdeckt wird, ist sie gerade mal 16 Jahre alt – und hat schon ein Jahr lang in 15 Bordellen in ganz Deutschland „angeschafft“. Ihr gefälschter Pass macht sie ein paar Jahre älter. So genau will es auch kein Bordellbetreiber wissen, denn die Kunden stehen auf „Frischfleisch“. Nach Deutschland gelockt wurde sie von einem sogenannten Loverboy – einem gut aussehenden Mann, der sehr nett zu ihr war und in den sie sich verliebt hat. Ihm zuliebe geht sie ins Bordell. Am Ende ist sie dort im 24-Stunden-Dauereinsatz und erfährt viel Gewalt.

Es sind Beispiele wie das von Katharina, die den Teilnehmern der Fachtagung „Frauenhandel bekämpfen: Erfahrungen und Projekte aus Osteuropa“ unter die Haut gehen. Zum 14. Mal hat die Hanns-Seidel-Stiftung in Kooperation mit der Solidaritätsaktion Renovabis und dem „Aktionsbündnis gegen Frauenhandel“ dazu nach München eingeladen. 160 Teilnehmer aus verschiedenen europäischen Ländern sind gekommen.

„Ist bei diesem Thema kein Ende in Sicht?“, fragt die Stiftungsvorsitzende Ursula Männle und gibt sich gleich selbst die Antwort: „Leider nein, denn die öffentliche Aufmerksamkeit hat sich mittlerweile auf andere Fragen fokussiert, wie etwa die Flüchtlingsthematik.“ Immerhin werde inzwischen offen über Zwangsprostitution geredet, auch in den Herkunftsländern.

Schätzungsweise 95 Prozent der Prostituierten in Deutschland stammen aus dem Ausland, vor allem aus Südosteuropa. Deshalb engagieren sich Hilfsorganisationen auch in den Herkunftsländern der Mädchen und jungen Männer. Die Schwestern vom Guten Hirten sind etwa in der albanischen Hauptstadt Tirana präsent. Dort führt Prostitution dazu, dass Betroffene aus der Familie verstoßen werden. „Wenn die Familie aber akzeptieren kann, dass ihr Kind das Opfer eines Verbrechens war, dann darf es wiederkommen – nicht unbedingt zu den Eltern, denn deren Wohnort kennen die Menschenhändler auch. Aber vielleicht zu Verwandtschaft an einem anderen Ort“, berichtet Schwester Mirjam Beike.

Ihr Orden engagiert sich deshalb in der Familienarbeit. Außerdem bietet er den Betroffenen Schutzwohnungen und persönliche Begleitung bis zu mehreren Jahren Dauer an. In dieser Zeit gibt es für die jungen Leute therapeutische Angebote, aber auch Bildungs- und Beschäftigungsprogramme sowie Projekte zur Eingliederung ins Berufsleben. Derzeit sind 100 Mädchen und 30 junge Männer bei ihnen.

Viele Prostituierte sind Roma. Bei ihnen setzt Mitko Dokos an, der Vorsitzender der bulgarischen Nichtregierungsorganisation Roma-Union in Burgas ist. Der Sozialarbeiter leitet auch das Projekt „Florika“, das präventiv arbeitet. „Ich bin selbst ein Rom und finde von daher leichter Zugang zu Roma“, berichtet er. Durch die Vermittlung medizinischer Versorgung konnte das Projekt Zugang zu den Eltern der jungen Mädchen gewinnen. Seither kann Florika mit den Mädchen arbeiten.

„Wir bieten zunächst das an, was ihnen Spaß macht: Musik, Tanzen, Basteln, Schneidern“, erklärt er. „So haben sie Erfolgserlebnisse und können anfanghaft ein positives Selbstwertgefühl aufbauen.“ In einem mobilen Schulbus können die Mädchen Unterricht erhalten.

Sowohl präventiv als auch mit Rückkehrerinnen arbeitet Solwodi Rumänien. Erst im Februar 2017 wurde das Hilfsprojekt Solwodi Ungarn gegründet. Dort strebt man die Eröffnung einer Beratungsstelle an sowie die Schaffung einer Krisenunterkunft. Immer wichtiger wird auch die Kooperation von Hilfsorganisationen über Ländergrenzen hinweg, damit ausreisewillige junge Leute sowohl in der Heimat und als auch am Reiseziel Ansprechpartner haben.

„Es ist wichtig, dass alle zusammenarbeiten. Je besser wir vernetzt sind, desto besser gelingt es uns, Frauen vor schlimmen Erfahrungen zu bewahren“, weiß Brigitte Bysh vom länderübergreifenden Präventionsprojekt OPEN der Diakonischen Stiftung Lampas in Rumänien.