Polizeichef in Chile nach Kritik an Polizeigewalt zurückgetreten

Polizeichef in Chile nach Kritik an Polizeigewalt zurückgetreten

Südamerika ‐ Nach Monaten scharfer Kritik an seiner Amtsführung ist der Chef der chilenischen Polizei am Donnerstag (Ortszeit) zurückgetreten. Er habe den Rücktritt akzeptiert, so Präsident Sebastian Pinera.

Erstellt: 20.11.2020
Aktualisiert: 19.10.2022
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Nach Monaten scharfer Kritik an seiner Amtsführung ist der Chef der chilenischen Polizei, General Mario Roza, am Donnerstag (Ortszeit) zurückgetreten. „Ich habe seinen Rücktritt akzeptiert“, sagte Präsident Sebastian Pinera chilenischen Medien und dankte Roza zugleich für die geleistete Arbeit.

Der Polizeichef war wegen mehrerer Vorfälle von Polizeigewalt während der monatelangen Proteste in Chile von Menschenrechtsorganisationen aus dem In- und Ausland kritisiert worden. Insgesamt war er 698 Tage im Amt. Nachfolger wird General Ricardo Yanez, der eine angekündigte Polizei-Reform umsetzen soll.

Konkreter Auslöser für den Rücktritt war offenbar ein neuer Fall von Polizeigewalt am Mittwoch. Dabei sollen Polizisten zwei Jugendliche im Alter von 14 und 17 Jahren in einem Wohnheim für Heranwachsende in der südchilenischen Stadt Talcahuano in die Beine geschossen haben. Laut Polizeiangaben waren die Beamten zuvor mit Stöcken und Steinen attackiert worden.

Der Fall hatte die Debatte um Polizeigewalt neu angeheizt. Unicef Chile kritisierte, dass keine Situation den Einsatz von Feuerwaffen gegen Minderjährige rechtfertige, insbesondere wenn diese sich in der Obhut des Staates befänden. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) drückte ihre große Besorgnis über die Vorfälle aus und forderte eine Untersuchung.

Chile wird seit rund zwölf Monaten von Unruhen erschüttert. Die Demonstrationen entzündeten sich zunächst an einer Fahrpreiserhöhung für die Metro und weiteten sich später zu Forderungen nach einer Verfassungsänderung und einer anderen Sozialpolitik aus. Dabei kamen mehr als 30 Menschen ums Leben, zahlreiche Demonstranten trugen zum Teil schwere offenbar gezielt durch Polizisten herbeigeführte Augenverletzungen davon.

In einem Verfassungsreferendum sprach sich Ende Oktober eine klare Mehrheit der Wahlberechtigten vor einigen Wochen für die Ausarbeitung einer neuen Verfassung aus. Die aktuelle Verfassung stammt noch aus der Zeit der chilenischen Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973 bis 1990). Sie wurde von den Sicherheitskräften unter anderem dafür verwendet, hart gegen demonstrierende Ureinwohner, die Mapuche, vorzugehen. Nun soll ab kommendem Jahr eine „Convención Constitucional", eine Art gewählte verfassungsgebende Bürgerversammlung, einen neuen Verfassungsentwurf ausarbeiten.

 

© Text: KNA