„Der Kampf gegen Hass und Vorurteile braucht einen langen Atem“
Preis ‐ Der vierte Katholische Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist heute (8. Juni 2021) im Rahmen eines Online-Festaktes vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, verliehen worden. Insgesamt drei Preisträger wurden für ihr herausragendes, vom christlichen Glauben getragenes Engagement geehrt.
Aktualisiert: 21.09.2022
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Der vierte Katholische Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist heute (8. Juni 2021) im Rahmen eines Online-Festaktes vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, verliehen worden. Insgesamt drei Preisträger wurden für ihr herausragendes, vom christlichen Glauben getragenes Engagement geehrt.
Der mit 5.000 Euro dotierte erste Preis wurde dem Organisationsteam des „Ostritzer Friedensfestes“ zugesprochen. Zweite Preise (jeweils 2.500 Euro) erhielten die Katholische Gefängnisseelsorge an den Justizvollzugsanstalten Hünfeld und Fulda für das Musikprojekt „Divine Concern“ sowie das Projekt „Verlorene Orte“, das der Malteser Integrationsdienst Wuppertal mit der Evangelischen Kirchengemeinde Wuppertal-Heckinghausen und dem Sozialdienst Katholischer Frauen Bergisch Land e. V. durchführt.
Bei der Verleihung warnte Bischof Bätzing vor jeder Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit: „Der Kampf gegen Hass und Vorurteile braucht einen langen Atem. Vor fast zehn Jahren erschütterte die Aufdeckung der rassistischen Mordserie des sogenannten ‚Nationalsozialistischen Untergrunds‘ (NSU) unsere Gesellschaft. Seitdem gab es viele weitere Opfer menschenfeindlicher Gewalt zu beklagen, ob in Halle oder Hanau. Die Namen der Opfer sind uns Mahnung und Verpflichtung, gegen jede Form des Rassismus aufzustehen!“ Gott sei Dank gebe es in Kirche und Gesellschaft Menschen, die laut und deutlich die Stimme erheben, wenn Mitmenschen wegen ihrer Herkunft oder Hautfarbe herabgesetzt werden. An die Preisträger gerichtet, sagte Bischof Bätzing: „Sie zeigen, dass es möglich ist, sich den Bedrohungen des Rassismus mit klarer Haltung und Kreativität, ja sogar mit Heiterkeit, entgegenzustellen und viele zu begeistern. Sie verbinden Menschen gerade auch dort, wo zunächst vielleicht nur Trennendes gesehen wurde.“
„Sie verbinden Menschen gerade auch dort, wo zunächst vielleicht nur Trennendes gesehen wurde.“
Kardinal Michael Czerny SJ, Untersekretär für Migranten und Flüchtlinge im vatikanischen Dikasterium für den Dienst zugunsten der ganzheitlichen Entwicklung des Menschen, verband in seiner Festrede die Sorge um Geflüchtete mit der erfolgreichen Arbeit gegen Xenophobie: „Die Aufnahme von Flüchtlingen und die Begegnungen mit ihnen tragen still, aber wirksam zum Abbau von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bei.“ Der Kardinal, der selbst als Kind mit seinen Eltern aus der Tschechoslowakei nach Kanada ausgewandert ist, schlug in seiner Rede einen weiten Bogen von seiner eigenen Migrationserfahrung zur Zukunft Europas. Die päpstliche Enzyklika Fratelli tutti zitierend, unterstrich Kardinal Czerny die Chancen der Migration: „Wir müssen die Menschheitsfamilie in ihrer ganzen Schönheit wieder aufbauen, indem wir die reichen Talente der anderen anerkennen, die sie einzigartig anders machen als mich.“
Leuchttürme für ein respektvolles Miteinander
Der Bielefelder Konfliktforscher Professor Dr. Andreas Zick ging in seinem Vortrag der Frage nach, „warum die Preisträgerinnen und Preisträger ein ganz besonderes Gut für unsere Gesellschaft sind“. Er betonte die Wirkung der eingereichten Projekte auf die Gesellschaft: „Mit dem Preis der katholischen Kirche werden Menschen ausgezeichnet, die sich in Zeiten voller Hass und Angriffe gegen sie selbst unermüdlich bemühen, anderen Menschen Würde zu geben, Würde wiederherzustellen und würdevoll zu sein. Das ist von unschätzbarem Wert in einer angestrengten Zeit, in der jene, die Würde verlieren, allzu leicht übersehen werden.“
Weihbischof Dr. Dominicus Meier OSB (Paderborn), kommissarischer Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz, äußerte die Hoffnung, dass der Preis über den Tag hinaus eine Wirkung entfaltet: „Ich bin froh und dankbar, dass es so viele Initiativen gibt, die aus christlichem Verständnis heraus weit in die Gesellschaft hinein wie Leuchttürme für ein respektvolles Miteinander wirken. Mit dem Preis verbindet sich auch die Hoffnung, dass viele andere ermutigt werden, sich vor Ort ebenfalls auf kreative Weise gegen Rassismus einzusetzen.“ Aufgrund der Pandemielage fand die Verleihung als digitale Veranstaltung statt. Henriette Reker, die Oberbürgermeisterin von Köln, wo der Preis in einer Präsenzveranstaltung hätte verliehen werden sollen, rief die Gesellschaft in einem weiteren Grußwort zur Wachsamkeit auf und betonte: „Wir weichen keinen Millimeter nach rechts.“ Den diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträgern gelte ihr großer Respekt für allen Einsatz.
Der Katholische Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus
Auf Anregung der Migrationskommission verleiht die Deutsche Bischofskonferenz seit 2015 alle zwei Jahre den Katholischen Preis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus. Mit dem Preis werden Personen und Gruppen ausgezeichnet, die sich in Deutschland aus dem katholischen Glauben heraus im Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus bzw. für ein respektvolles Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft engagieren. Der Preis soll dazu beitragen, das kirchliche Zeugnis gegen jede Form der Menschenverachtung zu stärken. Im Jahr 2021 sind über 60 Bewerbungen und Vorschläge beim Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz eingegangen.Rassistische Tendenzen erfordern Widersprechen
Bei der Preisverleihung wurden die Gewinner auch von Mitgliedern der Jury gewürdigt. Franziska Schubert, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag, freute sich über den ersten Preisträger, der aus ihrer Heimat stammt. Sie erinnerte daran, dass rassistische Tendenzen auch weiterhin ein „Widersprechen aus christlichem Geist“ erfordern.
Gabriele Erpenbeck, langjährige Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche, schilderte die besonderen Bedingungen, unter denen das Musikprojekt „Divine Concern“ mit Inhaftierten arbeitet und Verständigung ermöglicht. Prof. Dr. Andreas Lob-Hüdepohl, Professor für Theologische Ethik an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin, beleuchtete die theologische Dimension der im Projekt „Verlorene Orte“ verarbeiteten Erinnerungen an Flucht und Vertreibung. In den Zehn Geboten erinnere der Sabbattag das Volk Israel daran, dass dieser Ruhetag von der Arbeit auch für die Fremden gelten soll, die Aufnahme in Israel gefunden haben.
Der Online-Festakt wurde von der WDR-Moderatorin Shary Reeves moderiert und musikalisch mit Jazz des Martin Henger Quartetts sowie Folkmusik des Preisträgers „Divine Concern“ begleitet.
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