In der Independence Avenue im Zentrum von Accra, der Hauptstadt Ghanas, stehen mehrstöckige Bank- und Geschäftsgebäude, Hotels, Behörden und das Nationaltheater. Wenn es nach dem Willen von Präsident Nana Akufo-Addo gilt – er wurde Anfang Dezember im Amt bestätigt – soll die mehrspurige Straße künftig um eine Attraktion reicher werden. Auf 5,6 Hektar will er eine nationale Kathedrale errichten lassen. „Als tief religiöse Nation schafft sie eine historische Möglichkeit, Gott ins Zentrum unserer nationalen Angelegenheiten zu stellen“, lautet seine Vision. Er verfolgt sie seit 2017, als Ghana 60 Jahre Unabhängigkeit feierte.
Vor Ort ist bis auf einen hohen Zaun um das Gelände bislang noch nichts zu sehen. Fotos zeigen aber, was die Ghanaer erwartet, wenn das Projekt des bekannten Architekten David Adjaye Obe fertig ist: eine monumentale, offene Halle in Weiß, in der 5.000 Menschen Platz haben. Ein riesiger Kirchturm, hohe Scheinwerfer und eine parkähnliche Anlage gehören ebenso dazu wie ein Bibelmuseum. Wann die Einweihung und wie hoch die Kosten sein sollen, ist noch unklar. Schätzungen liegen bei 100 bis 200 Millionen US-Dollar; sie sollen unter anderem durch Spendenkampagnen eingeworben werden.
Eins ist für Projektleiter Paul Opoku-Mensah aber sicher: Das neue Gotteshaus soll in der Tradition der alten Kathedralen Europas stehen. „Durch sie wurden neue Technologien, Kunst und Musik eingeführt. Es sind ikonenhafte Gebäude, die Pilger wie Touristen gleichermaßen anziehen.“ Opoku-Mensah ist seit 2017 verantwortlich für das Projekt und sich sicher: Es wird zum nationalen Zusammenhalt beitragen. „Unsere bisherige Infrastruktur war nicht komplett. Es braucht einen Platz für die religiösen Rituale des Staates.“
Kritiker befürchten, dass es zu stärkeren Vermischungen von Staat und Kirche kommt und das Christentum, zu dem sich mehr als 70 Prozent der Ghanaer bekennen, über den Islam gestellt wird. „Weder wollen wir eine Religion durchsetzen noch eines Tages einen Präsidenten haben, der sich auf die Bibel beruft“, betont Opoku-Mensah. „Wir wollen aber anerkennen, dass Religion ein wichtiger Teil unseres Alltags und unserer Politik ist.“