Er äußerte sich im Großen Protokollsaal des Berliner Reichstagsgebäudes vor Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Vertretern der Religionsgemeinschaften und Wissenschaftlern zum „Friedenspotenzial des Islams“.
Der Gelehrte mahnte einen Dialog zwischen den Religionen an. Dabei zitierte er die Aussage des Theologen Hans Küng: „Kein Frieden zwischen den Nationen, ohne Frieden zwischen den Religionen.“ Al-Tayyeb betonte die enge Verbindung der monotheistischen Religionen. Der Islam sei keine Religion des Krieges und des Schwertes, sondern glaube, dass Gott seine Barmherzigkeit für alle Menschen gelten lasse. Der Dschihad als äußere Gewaltanwendung sei nur im Falle der Verteidigung gerechtfertigt.
Dank an Merkel für die Aufnahme von Nahost-Flüchtlingen
Al-Tayyeb dankte dabei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für die Aufnahme von Bürgerkriegsflüchtlingen aus dem Nahen Osten. Zugleich lobte er sie für ihre „faire und mutige Haltung gegenüber den Muslimen“ und ihre Bekräftigung der Aussage von Altbundespräsident Christian Wulff, dass der Islam zu Deutschland gehöre.
In einer anschließenden Fragerunde ging al-Tayyeb auf das Thema der Gleichberechtigung von Mann und Frau ein. Eine mögliche Marginalisierung der Frau sei nicht auf den Islam, sondern andere Traditionen zurückzuführen. Nach islamischem Verständnis diene die Frau dem Mann aus Liebe, der Mann wiederum sei verpflichtet, den Lebensunterhalt der Frau zu sichern. Die Ehe einer muslimischen Frau mit einem Nicht-Muslim sei allerdings nicht möglich, da die Ehe ein religiöser Vertrag sei.
Der Scheich wandte sich zugleich gegen die Vorstellung eines europäischen Islams. Es gebe nur einen Islam, der überall praktiziert werden könne. Er wandte sich gegen eine Aufklärung, „die den Menschen über die Religion stellt“. Al-Tayyeb betonte die Glaubensfreiheit. Der Koran sehe keine bestimmten Strafen für Konvertiten vor. Allerdings verlangten einige Überlieferungen, Konvertiten zu bestrafen, sofern der Schritt eine Gefahr für die Gesellschaft darstelle.