Viele Kubaner sind religiös
Nicht nur um die vorsichtige Öffnung des Landes geht es den Menschen. Trotz Revolution und Kommunismus sind viele Kubaner religiös. „Aber wir sprechen nicht gerne darüber“, sagt Leo. Der 42-Jährige lebt mit seiner Familie in Santiago de Cuba und arbeitet hier als Mechaniker. „Damit muss man auf der Straße vorsichtig sein.“ Trotzdem ist Religion präsent, gehört auf unaufgeregte Art zum Alltag: Kreuze an Halsketten, Marienfiguren an den Rückspiegeln der Oldtimer.
Dabei gestalteten sich die Beziehungen zwischen Kirche und Staat nach der Revolution 1959 äußerst schwierig. Zahlreiche Maßnahmen reduzierten den gesellschaftlichen Einfluss der Kirche. Viele Geistliche verließen Kuba, und bis 1979 ging die Zahl der Katholiken etwa um die Hälfte zurück. Erst mit dem Besuch von Johannes Paul II. 1998 wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. 2012 kam auch Benedikt XVI. auf die Karibikinsel und mahnte deutlich Religionsfreiheit an.
Erwartungen an den Papst gespalten
Auf klare Worte hoffen viele Kubaner auch bei Franziskus. Botschaften wie jene, die zuletzt seine Südamerika-Reise prägten, wären auch hier willkommen. In einer Rede vor der Nationalversammlung in Havanna würdigte selbst Staatspräsident Raul Castro die Südamerika-Reise des Papstes jüngst als geschichtsträchtig. Mit seiner Botschaft für Frieden, Gleichheit und Umweltschutz sowie zum Kampf gegen Hunger habe das Kirchenoberhaupt weltweit Bewunderung erregt, so Castro. Kuba werde Franziskus mit „Zuneigung, Respekt und Gastfreundschaft empfangen, wie er es verdient“.
Und bei seinem Besuch im Vatikan lehnte sich Castro gar noch weiter aus dem Fenster: „Wenn der Papst so weitermacht, dann kehre ich zur katholischen Kirche zurück“. Das ist nicht ohne Selbstironie: Kubas Kommunistische Partei hat niemals bekennende Christen aufgenommen.
Dissidenten und Regierungskritiker hingegen setzen auf andere Themenschwerpunkte. Meinungs- und Religionsfreiheit und Menschenrechte stehen hier hoch im Kurs. Es sind diese sehr unterschiedlichen Erwartungen, die die Reise für Franziskus zu einer Gratwanderung werden lassen könnten. Fabrikarbeiter Laurencio freilich sieht die Sache mit kubanischer Gelassenheit. „Ich möchte nicht zu viele Erwartungen an den Papst richten“, sagt er und zieht an seiner Zigarre. „Ich freue mich einfach, dass er kommt. Und ich bin gespannt darauf, was er uns sagen wird. Eins ist sicher: Das wird eine große Party.“
Von Inga Kilian (KNA)
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