Frage: Herr Bischof, Sie haben sich unweit von Ferguson als Franziskaner für die Armen in East St. Louis stark gemacht. Als jemand, der aus New Orleans stammt, verstehen Sie, was der Hurrikan „Katrina“ für die Stadt bedeutete. Wollte Papst Franziskus mit Ihrer Berufung zum Weihbischof ein Zeichen setzen?
Cheri: Ich war überrascht, als der päpstliche Nuntius in den USA an einem Samstagmorgen kurz vor Weihnachten bei mir anrief. Zuerst dachte ich, jemand wolle mich auf den Arm nehmen. Aber dann realisierte ich, mit wem ich da sprach. Als der Nuntius mir das Amt antrug, fiel mir die Entscheidung nicht schwer. Ich habe mich im Herzen immer in New Orleans zu Hause gefühlt. Meine Mutter lebt hier, und ich habe überall in der Stadt Familie.
Frage: New Orleans ist die Heimat von 80.000 schwarzen Katholiken und ist damit eine der US-Diözesen mit dem höchsten Anteil an Afroamerikanern. Was bedeutet das für Ihre Seelsorge?
Cheri: Ich bin nun einer von acht schwarzen Bischöfen in der US-Bischofskonferenz. Meine Berufung war ein Signal an die schwarze Gemeinde, dass sie eine Rolle bei der Verherrlichung Gottes spielt. Wenn ich Zeit dazu finde, möchte ich mich in die Wurzeln des schwarzen Katholizismus in New Orleans vertiefen. Es ist kein Zufall, dass hier etwa mit den „Sisters of the Holy Family“ (Schwestern der Heiligen Familie) einer der größten schwarzen Frauenorden seine Heimat hat.
Frage: Sie beschäftigen sich auch mit dem musikalischen Erbe?
Cheri: Ich habe zeitlebens Gospel-Musik gesammelt, vermittelt und in den Gottesdienst eingebracht. Leider habe ich während „Katrina“ einen Teil meiner Sammlung verloren, die mein Bruder für mich aufbewahrt hatte.
Frage: Wie haben Sie „Katrina“ erlebt?
Cheri: Ich war zu dieser Zeit in East St. Louis tätig. Ich konnte nicht vor Anfang Oktober zurück nach New Orleans kommen. Das Haus meiner Mutter war in einem halben Jahrhundert nicht ein einziges Mal überflutet worden. Diesmal stand es unter Wasser, weil ein Deich unweit von hier brach.
Frage: Inwieweit illustriert „Katrina“, was Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Laudato si“ aufgezeigt hat?
Cheri: Die Ärmsten waren von dem Sturm und der Flut am härtesten betroffen. Sie hatten keine Chance, die Stadt zu verlassen. Einige saßen in ihren Dachböden fest, weil sie nicht mal eine Axt hatten, um sich nach draußen zu retten. Und sie waren die Letzten, die beim Wiederaufbau Hilfe erhielten. Leute wie meine Mutter wussten gar nicht, was sie machen sollten.