Deshalb verlangen etwa die Liberalen, sich an einem Verteilungsschlüssel – wie er in Deutschland unter den Bundesländern üblich ist – zu orientieren, SPD und Grüne setzen sich für einen solidarischen Ausgleich ein. Strittig ist auch der Umgang mit Flüchtlingen, die per Flugzeug einreisen. Das für sie gültige verkürzte „Flughafenverfahren“ will die SPD aussetzen, die Grünen und die Linkspartei wollen es ganz abschaffen.
Die Union bekennt sich zum Schutz für politisch Verfolgte, steht Liberalisierungen des Asylsystems aber skeptisch gegenüber. Sie warnt vor „falschen Anreizen“ und befürchtet einen Missbrauch der sozialen Sicherungssysteme. So dringen CDU und CSU auf eine Verbesserung der Lage in den Herkunftsländern. Einziger Vorstoß: Sie setzen sich für „neue Formen des Schutzes ein, wie die Aufnahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten“, die nicht in ihre Heimat zurückkehren und nicht in das Erstaufnahmeland integriert werden können. Das gilt etwa für die 5.000 Syrer, die Deutschland aufnehmen will. Die anderen Parteien wollen das Resettlement, also die dauerhafte Neuansiedlung einer bestimmten Zahl an Flüchtlingen, ausbauen und verstetigen.
Für ein Ende der „Kettenduldung“
Ein Dauerthema ist der Umgang mit Flüchtlingen, die aus humanitären Gründen nicht in ihr Heimatland zurückgebracht werden können und immer wieder eine befristete Duldung erhalten. Tausende Familien leben inzwischen so über Jahre hinweg – manche mit Kindern, die bereits in Deutschland geboren sind –, stets in Sorge, womöglich am nächsten Tag abgeschoben zu werden. Auch hier treten SPD, Grüne, Linke und FDP für ein Ende der sogenannten „Kettenduldung“ ein.
Kontrovers ist schließlich, welche Rechte und Leistungen Asylsuchende in Deutschland erhalten sollen. Derzeit versuchen die Regierenden, den Zuzug durch ein Versorgungsniveau deutlich unter der Sozialhilfe in Grenzen zu halten. Das Bundesverfassungsgericht monierte dies im Juli 2012 unmissverständlich: „Die Menschenwürde ist migrationspolitisch nicht zu relativieren.“ Damit muss die neue Regierung das Leistungsgesetz für Asylbewerber neu regeln. Zugleich wollen wiederum alle Parteien außer der Union bestimmte Restriktionen lockern oder aufheben: etwa das Arbeitsverbot oder die eingeschränkte medizinische Versorgung.
Von Christoph Scholz