Politisierung religiöser Schriften in Malaysia
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Politisierung religiöser Schriften in Malaysia

Die malaysischen Christen benutzen das Wort ''Allah'' in ihren Bibeln auf Malaiisch und ... werden das weiterhin tun.“ Ein interreligiöses „Basta“, das der anglikanische Bischof Ng Moon Hing als Vorsitzender der Dachorganisation Christliche Vereinigung Malaysias spricht. In einer neuen Runde dieser „Allah-Debatte“ geht es um die Frage, ob nichtmuslimische Religionen „Allah“, das arabische Wort für Gott, ebenfalls zur Nennung ihres Gottes benutzen dürfen.

Erstellt: 15.01.2013
Aktualisiert: 11.07.2015
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Die malaysischen Christen benutzen das Wort „Allah“ in ihren Bibeln auf Malaiisch und ... werden das weiterhin tun.“ Ein interreligiöses „Basta“, das der anglikanische Bischof Ng Moon Hing als Vorsitzender der Dachorganisation Christliche Vereinigung Malaysias spricht. In einer neuen Runde dieser „Allah-Debatte“ geht es um die Frage, ob nichtmuslimische Religionen „Allah“, das arabische Wort für Gott, ebenfalls zur Nennung ihres Gottes benutzen dürfen.

Malaysias Regierung hat die Frage klar mit „Nein“ beantwortet, das Oberste Gericht des Landes hingegen mit einem ebenso eindeutigen „Ja“, als die katholische Kirche und das Innenministerium im Rechtsstreit lagen. Das war 2009. Die Regierung in Kuala Lumpur hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Seitdem schwelt der Allah-Streit, obwohl die historische Faktenlage eindeutig ist. Schon in der ersten Bibelausgabe in der Landessprache Malaiisch (Bahasa Malaysia) wurde vor 400 Jahren „Allah“ als das arabische Wort für Gott benutzt, ohne das im Laufe der Jahrhunderte Muslime ein Veto eingelegt hätten.

Wahlkampf lässt Debatte erneut entfachen

Im beginnenden Wahlkampf zur Parlamentswahl im Frühjahr erhält die Politisierung des Gottesnamens ein neues Kapitel. Die Regierungspartei Umno, Sachwalterin der Interessen der muslimischen Malaien, kann mit Genugtuung verzeichnen, dass ihr die Opposition den undankbaren Job der Reanimierung der absurden Debatte abgenommen und sich darüber sogar gespalten hat.

Lim Guan Eng, Generalsekretär der Demokratischen Aktionspartei (DAP) hatte in seiner Weihnachtsbotschaft die Regierung aufgefordert, das Verbot des Gebrauchs von „Allah“ als Bezeichnung für Gott in christlichen Texten aufzuheben. Die DAP ist Teil der informellen oppositionellen Bündnisses „Pakatan Rakyat“ (Volksallianz), der auch die Volksgerechtigkeitspartei des charismatischen Anwar Ibrahim sowie die islamische PAS angehören.

Anfang Januar griff Sharafuddin Idris Shah, Sultan des malaysischen Bundesstaates Selangor, die Vorlage auf. Als Beschützer des Islam verbot er seinen nichtmuslimischen Untertanen die Benutzung des Wortes „Allah“. Selangor als wirtschaftlich wichtigster Bundesstaat wird aber seit 2009 von der Volksallianz regiert; seine Rückeroberung für Umno im Kampf um die Macht in ganz Malaysia hat also höchste Priorität. Der Sultan hat die Opposition damit in die Ecke getrieben.

Streit um das Wort „Allah“ spaltet Opposition

Seit Sonntag dürfte die Freude der Umno noch größer sein. Der Allah-Streit hat die Opposition gespalten. Der Scharia-Rat der islamischen PAS bekräftigte die Exklusivität des Wortes „Allah“ für Muslime und widersprach damit der politischen Führung sowohl der PAS als auch der Volksallianz, die keine Einwände gegen die Verwendung auch in anderen Religionen haben.

Seit ihrer empfindlichen Wahlschlappe im März 2008 lässt die seit über 50 Jahren regierende Partei Umno wenig unversucht, um die konservativen ländlichen Muslime als ihre Kernwählerschaft bei der Stange zu halten. Dazu malt sie mit Hilfe der einflussreichen Parteimedien und konservativer islamischer Gruppen das Schreckgespenst einer christlichen Verschwörung an die Wand: Die Christen, heißt es, planten eine Unterdrückung der muslimischen Malaien zur Errichtung eines christlichen Staates.

Doch auch die Opposition instrumentalisiert „Allah“ für ihre eigenen Zwecke. Den Wählern in den beiden Borneo-Bundesstaaten Sabah und Sarawak könnte bei der Wahl die Rolle des Züngleins an der Waage zukommen. In den beiden rohstoffreichen Borneo-Staaten stellen aber die Christen die größte Einzelkonfession. Da macht es sich gut, für deren Rechte einzutreten.

Christen erhalten Unterstützung von malaysischen Sikhs

Die Christen Malaysias haben neuerdings Verbündete in ihrem Kampf um Religionsfreiheit gefunden: die malaysischen Sikhs. Auch die aus Indien stammende Religionsgemeinschaft benutzt seit Jahrhunderten in ihrer Heiligen Schrift für Gott das Wort „Allah“. Wie Bischof Ng will sich auch Jagir Singh, Präsident der Sikh-Organisation Malaysian Gudwaras Council (MGC), nicht dem Dekret des Sultans von Selangor beugen: „Allah“ sei „integraler Bestandteil des Originaltextes der Heiligen Schrift der Sikhs, des Guru Granth Sahib.“

Von Michael Lenz