Russische Menschenrechtsorganisation Memorial
Bild: © Memorial
Gründungsmitglied von Memorial

Friedensnobelpreisträgerin ruft zur Hilfe für Ukraine auf

Erfurt ‐ Mit Putin gibt es keine Veränderung in Russland. Davon zeigt sich die russische Menschenrechtlerin Scherbakowa überzeugt. Und warnt den Westen vor einer Gefahr.

Erstellt: 02.06.2024
Aktualisiert: 01.06.2024
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Die russische Menschenrechtlerin Irina Scherbakowa hat zur Unterstützung der Ukraine aufgerufen. Das viel zu lange Zögern des Westens habe Russlands Staatschef Wladimir Putin das Gefühl gegeben, sein Krieg könne erfolgreich sein, sagte die Friedensnobelpreisträgerin am Donnerstag beim Katholikentag in Erfurt.

Hoffnung gebe ihr jedoch, dass viele Menschen im Westen mittlerweile die Illusionen gegenüber Putin verloren hätten, sagte Scherbakowa. Der Westen solle deshalb auch russische Flüchtlinge unterstützen und mit ihrer Hilfe Informationen zur wirklichen Lage in ihrem Heimatland verbreiten. Mehr als zwei Millionen Menschen seien mittlerweile aus dem Russland geflohen, die größte Migration seit der Revolution 1917.

Scherbakowa ist Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2021 vom Obersten Gericht Russlands verboten worden war. 2022 wurde Memorial mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Im selben Jahr verließ die Germanistin Russland.

Weiter sagte Scherbakowa, mit Putin werde es keine Veränderung in Russland geben. Ihm gehe es mit seinem Krieg in der Ukraine in erster Linie um einen Kampf gegen die aus seiner Sicht verruchten westlichen Werte. Dabei gelinge es ihm, Werte systematisch umzudeuten. So sei die Verwendung des Begriffs Frieden in Russland mittlerweile gefährlich. Auch Menschenleben spielten kaum noch eine Rolle.

Aus Sicht der Menschenrechtlerin konnte Putin seine diktatorische Herrschaft aufbauen, weil die russische Gesellschaft nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion ihre Identität verloren habe. „Es war vielen Menschen nicht klar, was es bedeutet, ein Demokrat zu sein.“

Darin sieht die Menschenrechtlerin auch eine große Gefahr für den Westen. Wenn Menschen das Vertrauen in Institutionen und Medien verlören, spiele das undemokratischen Kräften in die Hände. Die russische Propaganda arbeite mittlerweile daran mit, dieses Vertrauen im Westen zu untergraben. „Wir sehen überall die Kräfte von links oder von rechts, populistische, rechtsradikale, linksradikale, die Institutionen gefährden“, so Scherbakowa.

KNA