Vor 20 Jahren wurde der Gründer des Opus Dei heilig gesprochen
Das Opus Dei bleibt eine besondere und gleichzeitig geheimnisumwobene Organisation innerhalb der katholischen Kirche. Auch 20 Jahre nach der Heiligsprechung von Gründer Josemaria Escriva.
Aktualisiert: 23.11.2022
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Es war ein Ansturm der Pilgermassen zu einer Heiligsprechung, der in neuerer Zeit nur mit wenigen zu vergleichen ist. Als Johannes Paul II. am 6. Oktober 2002 vor mehr als 250.000 Anhängern Josemaria Escriva de Balaguer (1902-1975) heiligsprach, empfahl er ihn als Vorbild und Fürsprecher der ganzen Kirche. Für den Gründer des „Opus Dei“ (Werk Gottes) seien die Beziehung zu Gott und das Wirken in Familie, Beruf und Gesellschaft keine getrennten Bereiche gewesen, sondern hätten eine „einzige, heilige und von Gott erfüllte Existenz“ gebildet, so der polnische Papst damals.
Escriva schöpfte seine Wegweisungen für die 1928 gegründete Laienbewegung aus spanischen Traditionen der Spiritualität. Auch der Jesuitenorden scheint ihm Vorbild gewesen zu sein. Doch sollte das „Opus Dei“ kein Orden sein - auch keine Klerikervereinigung. Und nicht nur der ungewöhnliche Zuschnitt der Organisation, die weitgehend von unverheirateten Laien (Numerarier) geleitet wird, brachte die auch wirtschaftlich erfolgreiche „Firma“ zuweilen in Verruf.
Escrivas wollte die Gesellschaft verchristlichen – durch die Bildung einer Elite und durch Anleitung von Laien für einflussreiche Positionen. Geheimnisumwittert und diskret – was immer wieder von Kritikern als sektenhaftes Netzwerk charakterisiert wird. Escriva selbst sprach vom „Widerspruch der Guten“. Damit meinte er „Argwohn“ gegen das Opus Dei, der durchaus auch an der römischen Kurie verbreitet war und die Seligsprechung 1992 – und damit auch die spätere Heiligsprechung – des Gründers fast verhindert hätte.
Den Erfolg des „Werks“ vor allem in Spanien, wo Tausende junger Männer durch die Schule der Studentenwohnheime der Organisation gingen, sehen viele in einer asketischen und auf Zielstrebigkeit und Erfolg ausgerichteten Lebenseinstellung begründet, die für die spanische Lebensart durchaus eine Neuerung darstellte. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg gewannen Angehörige des Opus Dei erheblichen Einfluss auf die spanische Gesellschaft. Nicht zuletzt profitierte auch die Diktatur General Francos, der zweimal an geistlichen Einkehrtagen bei Escriva teilnahm, von den Fachleuten des Werks, die immer stärker die Geschicke des Landes durch eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik veränderten.
Seit den 1950er Jahren expandierte das Opus Dei auch nach Deutschland und warb um junge Akademiker – vor allem im Rheinland. Köln ist bis heute Hochburg. Hier fand auch das „Lindenthal-Institut“ seinen Platz, das zeitweise debattenprägend war. Unter der Leitung des Numerariers Hans Thomas zog es intellektuelle Gäste aus ganz Europa an und wirkte über weltanschauliche Grenzen hinweg. Um das Institut ist es mittlerweile ruhig geworden.
Auch die außeruniversitäre, meist philosophische und theologische Weiterbildung der Mitglieder, ist heute etwas in den Hintergrund getreten. In den Fokus der Mitglieder und Freunde des „Opus“ rückte dafür stärker das Engagement für die Gründung von Kindergärten oder Schulen und für Medien wie die katholische Wochenzeitung „Die Tagespost“ oder das vom Bistum Regensburg aus der Taufe gehobene Hochglanzmagazin „Grandios“.
Opus Dei reformiert Strukturen in Europa
Vor 40 Jahren wurde das Opus Dei zur „Personalprälatur“
Vor 20 Jahren wurde der Gründer des Opus Dei heilig gesprochen
Die verfestigten Strukturen im Opus Dei, die aus Sicht vieler zu einer Stagnation der Entwicklung geführt haben, riefen zuletzt auch Papst Franziskus auf den Plan – und zu einer einschneidenden Korrektur. Das Bestreben, als eigene Teilkirche anerkannt und damit den Bistümern gleichgestellt zu werden, hatte 1982 zur damals neuen Errichtung einer „Personalprälatur“ geführt. Das vormalige Säkularinstitut sollte nun von einem Bischof geleitet werden.
An dieser Stelle griff zuletzt der Papst ein. Er verpflichtet das Opus Dei auf sein „Charisma“ und nahm ihm seinen „hierarchischen“ Charakter. Der Prälat an der Spitze des Opus Dei wird kein Bischof mehr – und die Prälatur wird der Kleruskongregation unterstellt anstelle der Bischofskongregation. Damit ist auch verdeutlicht, dass zum „Werk“ im engeren Sinne nur die Kleriker gehören. Daneben hat der Papst dem Opus Dei eine Reform der Regularien auferlegt, einschließlich eines jährlichen Rechenschaftsberichts.
Der heutige Prälat des Opus Dei, der spanische Priester und Jurist Fernando Ocariz Brana, hat die Eingriffe des Papstes begrüßt – in ein Werk, das laut seinem Gründer eigentlich nie einer Reform bedürfen sollte. In seiner jüngsten Botschaft an die Gläubigen des Opus Dei bittet Ocariz um das Gebet für das Gelingen der Reform nach den Vorstellungen des Papstes. Es soll ein „Werk im Dienst an der Kirche und allen Menschen“ sein, hält der Prälat fest - mit Berufung auf den „Gründer“.
Weltweit gehören dem Werk nach eigenen, unbestätigten Angaben rund 90.000 Laien sowie etwa 2.000 Priester an. Der weibliche Zweig des Opus Dei wurde 1930 ins Leben gerufen. Das Werk unterhält mehrere Hochschulen, darunter die Päpstliche Universität Santa Croce in Rom. Die meisten Mitglieder hat es weiterhin in Spanien. Hier ist die Universität von Navarra das geistig-akademische Zentrum.
Der geheimnisvolle Charakter des Werks und Berichte über Askese und Selbstkasteiung führen immer wieder dazu, dass das Opus Dei auch in Romanen und Verschwörungstheorien auftaucht. Berühmtestes Beispiel ist Dan Browns „Illuminati“, in dem ein – fiktiver – mörderischer „Opus-Dei-Mönch“ eine zentrale Rolle spielt.
KNA