Untersuchung geplant

Italiens Bischöfe nennen erstmals Zahlen zu Missbrauch

Rom ‐ Die Italienische Bischofskonferenz hat erstmals Zahlen zu Missbrauch in ihren Bistümern genannt. In den vergangenen 20 Jahren seien 613 Meldungen zu mutmaßlichen Missbrauchsfällen an die vatikanische Glaubensbehörde übermittelt worden, erklärte der Generalsekretär, Erzbischof Giuseppe Baturi, bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Rom.

Erstellt: 17.11.2022
Aktualisiert: 23.11.2022
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Von Severina Bartonitschek (KNA)

Bei der Zahl 613 handele es sich um Akten, die dazu von dem zuständigen Behörden angelegt wurden. Um wie viele konkrete Einzelfälle es sich handelt, sei derzeit ungewiss. In den Aufzeichnung könnten sowohl bereits bekannte Fälle ebenso wie Daten zu Serientätern enthalten sein. „Es könnten also mehr oder weniger Fälle sein“, so Baturi.

Auf Grundlage dieser Daten plant die Bischofskonferenz eine Untersuchung, die diese Akten analysieren soll. Dazu könnten auch unabhängige Fachleute herangezogen werden. Dieser bereits im Juni angekündigte Bericht über die vergangenen 20 Jahre ist der zweite Schritt, den die Kirche in Italien in Zusammenhang mit der Missbrauchsaufklärung in ihren eigenen Reihen unternimmt.

Der erste war eine Analyse ihrer nationalen Präventionsmaßnahmen in den Jahren 2020 und 2021, die am Donnerstag vorgestellt wurde. Schwerpunkt dabei sind die sogenannten Anhörungs-Zentren, an die sich Missbrauchsbetroffene in Italien wenden können. Insgesamt 90 dieser Einrichtungen gibt es landesweit, regionale wie überregionale.

In dem genannten Zweijahreszeitraum habe es 86 Kontaktaufnahmen zu den Zentren gegeben, teilten die für die Auswertung zuständigen Wissenschaftler der Katholischen Universität des Heiligen Herzens in Piacenza mit. Dabei sei es um 89 Betroffene und 68 mutmaßliche Täter gegangen. Die meisten Betroffenen (37,1 Prozent) seien zum Tatzeitpunkt zwischen 15 und 18 Jahre alt gewesen, 31,5 Prozent zwischen 10 und 14 Jahre, 13,5 Prozent zwischen 5 und 9 Jahre.

Bei den Fällen habe es sich vorwiegend um „unangemessenes Verhalten und unangemessene Sprache“ gehandelt (30,4 Prozent); gefolgt von „Berührungen“ (26,6 Prozent) und „sexueller Belästigung“ (16,5 Prozent). Weiter ging es um Geschlechtsverkehr, Zeigen von pornografischem Material, Cyber-Grooming und exhibitionistische Handlungen. Die mutmaßlichen Täter waren demnach zum größten Teil Kleriker (44,1 Prozent), gefolgt von Laien (33,8 Prozent) und Ordensleuten (22,1 Prozent). Knapp 60 Prozent von ihnen waren zum Tatzeitpunkt zwischen 40 und 60 Jahre alt.

Den Betroffenen wurden den Angaben zufolge Treffen mit der Kirchenleitung, geistliche und psychotherapeutische Begleitung sowie weitere Begleitung angeboten. Die Maßnahmen in Zusammenhang mit den mutmaßlichen Tätern seien Disziplinarmaßnahmen, gefolgt von Voruntersuchungen und Übermittlung des Falls an die vatikanische Glaubensbehörde gewesen.

KNA