Fahne mit dem Logo und dem Schriftzug "Caritas Internationalis" am 12. Dezember 2021 auf dem Petersplatz im Vatikan.
Führungsspitze ausgetauscht

Papst will Hilfswerk Caritas Internationalis effizienter machen

Vatikanstadt ‐ Immer wieder fällt Papst Franziskus Entscheidungen scheinbar „aus heiterem Himmel“. Am Dienstag bekam das die Leitung des Hilfswerk-Dachverbands Caritas Internationalis zu spüren, die komplett abberufen wurde. Zuvor hatte es eine interne Prüfung der Organisation und ihrer Strukturen gegeben.

Erstellt: 23.11.2022
Aktualisiert: 23.11.2022
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Von Anna Mertens und Ludwig Ring-Eifel (KNA)

Wieder hat Papst Franziskus mit einer überraschenden Entscheidung bei einer wichtigen vatikanischen Behörde durchgegriffen. Am Dienstag wurde die gesamte Leitung des Hilfswerk-Dachverbands Caritas Internationalis in Rom mit sofortiger Wirkung abberufen. Zeitgleich ernannte der Papst per Dekret Pier Francesco Pinelli zum außerordentlichen Kommissar der Organisation. Beides teilte das vatikanische Presseamt am Mittag mit.

„Mit dem Inkrafttreten dieser Maßnahme scheiden die Mitglieder des Vertretungsrates und des Exekutivrates, der Präsident und die Vizepräsidenten, der Generalsekretär, der Schatzmeister und der kirchliche Assistent aus ihren jeweiligen Ämtern aus“, heißt es in dem Dekret. Seit 2015 stand der philippinische Kurienkardinal Luis Antonio Tagle (65) als Präsident an der Spitze der Organisation, 2019 war er wiedergewählt worden. Generalsekretär war seit 2019 der aus Indien stammende Franzose Aloysius John.

Der international tätige Berater und Manager Pinelli wird in seiner künftigen Aufgabe unterstützt von Maria Amparo Alonso Escobar, einer langjährigen Caritas-Internationalis-Mitarbeiterin und Kampagnen-Managerin, und dem portugiesischen Jesuiten Manuel Morujao. Ihm hatte Franziskus bereits im „Heiligen Jahr der Barmherzigkeit“ eine Sonderaufgabe anvertraut.

Die drei sollen für eine Aktualisierung der Statuten und Regeln von Caritas Internationalis sorgen, „um deren Funktionalität und Effektivität zu verbessern und die Organisation bei der Vorbereitung der nächsten Generalversammlung zu unterstützen“. Diese soll samt Wahl einer neuen Leitung im Mai 2023 stattfinden.

Bei der Erstellung aktualisierter Statuten und Regeln werde Pinelli darüber hinaus vom bisherigen Präsidenten Tagle unterstützt, so das Dekret weiter. Die kommissarische Führung werde in Abstimmung mit dem Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung handeln.

Neue Herausforderungen

In einem erklärenden Text der Entwicklungsbehörde heißt es, dass der päpstlichen Entscheidung eine „Überprüfung der Tätigkeit durch ein unabhängiges Gremium“ vorausgegangen sei. Pinelli sei an dieser Überprüfung bereits beteiligt werden. Es sei vor allem das Arbeitsumfeld bei Caritas Internationalis im Generalsekretariat und dessen „Übereinstimmung mit den katholischen Werten der Menschenwürde und der Achtung vor jedem Menschen“ untersucht worden.

Dabei sei es nicht um Vorwürfe des finanziellen Missmanagements oder um verfehlte Fundraising-Ziele gegangen, auch habe es keinen Nachweis sexuellen Fehlverhaltens gegeben. „Es wurden echte Mängel im Management und in den Verfahren festgestellt, die den Teamgeist und die Moral der Mitarbeiter ernsthaft beeinträchtigen“, so die Erläuterung der Entwicklungsbehörde. Pinelli sprach von „Prozessen der Versöhnung und der Verbesserung“.

Die Bedürfnisse der vielen Menschen, denen die Caritas diene hätten deutlich zugenommen, erklärte der Leiter der Entwicklungsbehörde, Kardinal Michael Czerny. Auf diese Herausforderung müsse die Dachorganisation gut vorbereitet sein. Letztlich solle die Zusammenarbeit mit den rund 160 Mitgliedsorganisationen weltweit verbessert werden, um der Erfüllung des Auftrags, dem Dienst an den Ärmsten und Bedürftigsten, gerecht zu werden.

Die Entscheidung des Papstes wurde in Rom verkündet, wo sich seit Montag Caritas-Vertreter aus 62 Ländern aufhalten. Nach Angaben aus Teilnehmerkreisen kam die Entscheidung „aus heiterem Himmel“. Zwar habe es in der Vergangenheit wiederholt Klagen über das nicht optimale Management an der Spitze der rund 40 Mitarbeiter umfassenden Behörde gegeben; doch sei allgemein erwartet worden, dass Veränderungen bei der Neuwahl der Leitung im kommenden Frühjahr vorgenommen werden sollten.

Dass Papst Franziskus beim Umbau der Behörde aufs Tempo drückt, hat nach Meinung von Beobachtern vor allem interne Gründe. Das von ihm bereits 2016 aus unterschiedlichen Institutionen zusammengefügte „Dikasterium für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen“ arbeitet noch immer an einem klaren Aufgabenprofil. Auch sind die früher selbstständigen Teile bis heute nicht zu einem organischen Ganzen verschmolzen. (KNA)