Cholera-Bakterien unter dem Mikroskop
Rund 9.300 Verdachtsfälle

Mehr als 170 Tote durch Cholera-Ausbruch in Haiti

Port-au-Prince ‐ In Haiti sind nach Angaben des Gesundheitsministeriums (Donnerstag Ortszeit) allein in den vergangenen sechs Wochen 174 Menschen an den Folgen eines Cholera-Ausbruchs gestorben. Zudem gibt es derzeit rund 9.300 Verdachtsfälle und 800 bestätigte Infektionen. Mehr als 8.000 Betroffene seien in ein Krankenhaus gebracht worden.

Erstellt: 18.11.2022
Aktualisiert: 18.11.2022
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Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen fordert eine sofortige Intensivierung der Hilfe, um den Ausbruch der Krankheit einzudämmen. Es müssten mehr Organisationen und Spender mobilisiert werden. Zudem sollten den medizinischen Teams und Menschen in Haiti wichtige Medikamente zur Verfügung gestellt werden.

„Unsere derzeitigen Zentren füllen sich, und wir werden bald an der Kapazitätsgrenze angelangt sein“, sagt Mumuza Muhindo, Landeskoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen in Haiti. „Seit Ende Oktober haben wir in unseren Einrichtungen durchschnittlich 270 Patienten pro Tag behandelt.“ Die Zahl sei zuletzt dramatisch gestiegen. Die Expertin bezeichnete die Entwicklung als „sehr besorgniserregend“. Die Ausbreitung der Cholera sei ein Beleg für die katastrophale humanitäre und gesundheitliche Lage und finde vor dem Hintergrund einer noch nie dagewesenen politischen und wirtschaftlichen Krise statt.

Port-au-Prince ist zurzeit eine umzingelte Stadt, deren Hauptverbindungsstraßen zum Rest des Landes von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden. In dieser Woche wurde bekannt, dass die Zahl der hungernden Kinder und Minderjährigen weiter zugenommen hat. Laut Medienberichten sind 4,7 Millionen Menschen, darunter 2,4 Millionen Minderjährige, von der unsicheren Ernährungslage betroffen. Die Hilfsorganisation Save the Children berichtete, in diesem Jahr wüssten weitere 200.000 Kinder und Jugendliche nicht, wo sie die nächste Mahlzeit bekommen sollten. Insgesamt ist die Zahl der Hungernden demnach um 400.000 Menschen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.

Haiti wird seit Monaten von politischer Instabilität und Unruhen heimgesucht. Insbesondere die Hauptstadt Port-au-Prince wird seit Wochen von schweren Kämpfen zwischen den rivalisierenden Banden „400 Mawozo“ und „Chen Mechan“ erschüttert. Im Juli 2021 wurde Staatspräsident Jovenel Moise ermordet, die Hintergründe der Tat sind bis heute nicht aufgeklärt. Haiti gilt als das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Es wurde in den vergangenen Jahren obendrein von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Wirbelstürmen erschüttert.

Von Tobias Käufer (KNA)