Protest gegen Lukaschenko-Regime nach Kirchen-Schließung
Die katholische Kirche in Belarus wehrt sich gegen die von dem autoritären Regime des Landes verfügte unbefristete Schließung eines bedeutenden Gotteshauses in der Hauptstadt Minsk.
Aktualisiert: 18.10.2022
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In einem Schreiben an Staatsoberhaupt Alexander Lukaschenko kritisiert der zuständige Priester der Pfarrei Sankt Simon und Sankt Helena, Wladislaw Sawalnjuk, die angeordnete Entfernung von religiösen Gegenständen aus der sogenannten Roten Kirche am Unabhängigkeitsplatz sei eine „ungerechtfertigte und unangemessene Reaktion“ auf einen kleinen Brand. Der 73-jährige Geistliche fastet und trinkt nach eigenen Angaben nur noch Wasser, um von den Behörden die Rückgabe seiner Kirche zu erreichen.
Der von 1905 bis 1910 errichtete neuromanische Sakralbau gehört zu den Wahrzeichen Minsks. Er steht am Unabhängigkeitsplatz neben dem Hauptgebäude der Regierung. Die Behörden begründen die Schließung der Kirche mit einem schnell gelöschten Feuer in der Nacht vom 25. zum 26. September, das im Innenraum des Gotteshauses auf 20 Quadratmetern Schäden anrichtete. Ein Defekt einer Stromleitung soll den Brand ausgelöst haben.
Sawalnjuk vermutet in dem Offenen Brief an Lukaschenko, dass illegale Handlungen von Unbekannten das Feuer verursacht haben. Der Brand dürfe nicht zur Schließung der gesamten Roten Kirche führen, so der Priester. Ihm und Gemeindemitgliedern werde „entgegen den gesetzlichen Bestimmungen“ der Zugang zur Kirche verwehrt. Das von der Bischofskonferenz betriebene Portal catholic.by veröffentlichte ein Bild, das ihn kniend auf den Stufen vor dem Haupteingang zeigt.
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Laut der Organisation „Christian Vision for Belarus“ und unabhängigen Medien des Landes schritten Polizisten am Dienstag ein, als der Priester und Gläubige vor der Roten Kirche beteten. Die Beamten hätten sie vertrieben. Der Papstbotschafter in Belarus, Erzbischof Ante Jozic, und der Vorsitzende der nationalen Bischofskonferenz, Bischof Aleh Butkewitsch, drängen derweil hinter den Kulissen auf eine schnelle Wiedereröffnung der Kirche. Sie sprachen vergangene Woche mit Regierungsvertretern.
Das Kirchengebäude gehört dem Staat. Nach unbestätigten Berichten kündigte die zuständige Behörde ihren Vertrag mit der Pfarrei über die unentgeltliche Nutzung des Sakralbaus. Bei Massenprotesten gegen Lukaschenko im Sommer 2020 hatten Demonstranten in ihm Schutz vor brutalen Einsatzkräften der Polizei gesucht. Viele von ihnen wurden dennoch festgenommen.
Behörden in Minsk sperren nach Kirche offenbar auch Pfarrhaus
Nach der Zwangsschließung einer bedeutenden katholischen Kirche in Minsk verhindern die belarussischen Behörden jetzt offenbar auch Gottesdienste im benachbarten Pfarrhaus. Laut der Organisation „Christian Vision for Belarus“ (Freitag) stellten sie Wasser und Strom für das Gebäude ab und forderten die Pfarrei auf, es ebenfalls zu räumen und die Schlüssel an den Eigentümer, die Behörde „Minsker Erbe“, zurückzugeben. Der Priester der Pfarrei Sankt Simon und Sankt Helena, Wladislaw Sawalnjuk (73), dringt seit Wochen auf eine schnelle Wiedereröffnung der sogenannten Roten Kirche am Unabhängigkeitsplatz. Der Sakralbau neben dem Hauptgebäude der Regierung gehört zu den Wahrzeichen Minsks.
Unterdessen führten der Papstbotschafter in Belarus, Erzbischof Ante Jozic, und der Minsker Erzbischof Iossif Staneuski am Freitag Gespräche mit dem Regierungsbeauftragten für Religion und Nationalitäten, Alexander Rumak, und dem Chef von „Minsker Erbe“, Alexander Kohan. Nach Angaben des Erzbistums erklärte Kohan dabei, es seien wegen eines Brandes in der Kirche umfangreiche Reparaturen notwendig, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Die Pfarrei könne das Gotteshaus daher nicht nutzen. Der zuständige Regierungsbeauftragte Rumak habe aber versichert, dass „dies eine Kirche ist und bleiben wird“.
„Christian Vision for Belarus“ verurteilt die Schließung der Kirche und des Pfarrhauses durch das autoritäre Regime des Landes als gezielte Unterdrückung der Kirche. Pfarrer Sawalnjuk geht davon aus, dass Unbekannte das Feuer in seiner Kirche in der Nacht vom 25. zum 26. September verursacht haben. Ein Defekt einer Stromleitung soll den Brand ausgelöst haben, der im Innenraum des Gotteshauses auf 20 Quadratmetern Schäden anrichtete.
Das Erzbistum vermied jedoch Kritik an den Behörden und wünschte sich am Ende des Treffens nach eigenen Angaben, „die Zusammenarbeit fortzusetzen“. Erzbischof Staneuski bat darum, der Pfarrei einen Ersatzraum zuzuweisen, in dem sie vorübergehend Messen feiern könne. Zudem verlangte er, einen Kirchenvertreter in die Kommission aufzunehmen, die die Brandschäden untersucht und die Instandsetzungsarbeiten beaufsichtigt. Rund zehn Prozent der Belarussen sind katholisch.
18.10.2022, 13:00 Uhr: Hinweis auf Pfarrhaus-Sperrung hinzugefügt.