Drei alte Männer sitzen vor Mikrofonen
Weltkongress der Religionen

Papst Franziskus: Rechtfertigen wir niemals Gewalt!

Nur-Sultan ‐ Kasachstan beherbergt derzeit den Weltkongress der Religionen, an dem auch Papst Franziskus teilnimmt. In seiner Rede distanzierte sich der Bischof von Rom von Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I.

Erstellt: 15.09.2022
Aktualisiert: 16.09.2022
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Mit einem leidenschaftlichen Friedensappell hat sich Papst Franziskus am Mittwoch als Hauptredner an die Teilnehmer des Weltkongresses der Religionen in Kasachstan gewandt. Religionen sollten sich niemals in den Dienst weltlicher Macht stellen und niemals zu Gewalt aufrufen, so sein Appell an etwa 100 Delegationen aus 50 Ländern, die im Unabhängigkeitspalast der Hauptstadt Nur-Sultan um einen großen runden Tisch versammelt waren.

Zur Eröffnung der Konferenz hatten die Religionsführer zu Beginn kurz schweigend gebetet. Der Papst führte in seiner Rede aus: „Das Heilige darf nicht zur Stütze von Macht werden, und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen! Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg.“

Ohne ihn beim Namen zu nennen, distanzierte sich Franziskus damit deutlich von den Äußerungen des russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. Dieser hatte in den vergangenen Monaten wiederholt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mit religiöser Rhetorik zu rechtfertigen versucht. Zugleich verteidigte das Kirchenoberhaupt die Religionsfreiheit und erinnerte an ihre Unterdrückung in den Jahrzehnten der sowjetischen Herrschaft (1917/22-1991).

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Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I., beklagte unterdessen eine „falsche Darstellung historischer Ereignisse“. In einer von Metropolit Antonij (Sevrjuk) verlesenen Nachricht rief Kyrill dazu auf, „klaren Verstand und friedvolle Seele“ zu bewahren, insbesondere in schwierigen Zeiten für die Menschlichkeit. Der Glaube könne dazu beitragen, so Kyrill.

Kyrill beklagte, dass es im öffentlichen Raum immer mehr Worte des Hasses gegen ganze Völker, Kulturen und Religionen gebe. „Der von einigen Regierenden in dieser Welt gewählte Kurs von Diktatur, Rivalität und Konfrontation ist ein Beitrag zur Zerstörung der Menschheit“, so Kyrill wörtlich. Welche Regierenden er damit meinte, ließ er offen. Er sei sicher, dass der „Frieden stiftende Dialog der Religionsführer dazu beitragen könne, die gegenwärtigen Herausforderungen zu überwinden, Harmonie in die zwischenstaatlichen Beziehungen zu bringen und eine gerechte Weltordnung herzustellen.“

Treffen mit Religionsführern

Metropolit Antonij, neuer Außenamtschef des Moskauer Patriarchats und Leiter der russisch-orthodoxen Delegation in Nur-Sultan, ergänzte, es sei immer leichter geworden, Informationen zu manipulieren. Die jüngsten Ereignisse hätten gezeigt, „wie leicht es geworden ist, ein Feindbild zu schaffen“, so der Metropolit. Man zeige mit dem Finger auf andere und rufe zu Hass auf.

Außer dem Papst und dem Vertreter des Moskauer Patriarchats sprachen am Vormittag Großscheich Ahmed al-Tayyib von der Al-Azhar-Moschee in Kairo und Israels sephardischer Oberrabbiner Yitzhak Yosef. Anschließend wurde eine kurze Video-Grußbotschaft von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres gezeigt, der das Bemühen religiöser Führer um den Weltfrieden würdigte.

Nach den Reden fanden bilaterale Begegnungen statt. Dabei traf Papst Franziskus laut Programm unter anderen Großscheich al-Tayyib, die beiden israelischen Oberrabbiner David Baruch Lau und Yitzhak Yosef, die Delegation des Lutherischen Weltbundes sowie Metropolit Antonij.

Kirche in Kasachstan

Mehr als zwei Drittel der 19 Millionen Einwohner des zentralasiatischen Landes Kasachstans sind sunnitische Muslime. Von den rund 26 Prozent Christen sind die meisten russisch-orthodox; viele Familien leben seit der Sowjetära dort. Das Moskauer Patriarchat zählt das Gebiet zu seinem „kanonischen Territorium“. Für die russisch-orthodoxe Kirche heißt das, dass sie allein sich berechtigt fühlt, in dem Gebiet Mission und Evangelisierung zu betreiben.

Die katholische Kirche, unter dem sowjetischen Diktator Stalin aus polnischen und deutschen Zwangsumgesiedelten entstanden, ist seit 1991 geschrumpft. Ihr gehören noch rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung an. Die katholische Kirche ist sowohl mit dem römischen als auch dem ostkirchlichen („byzantinischen“) Ritus vertreten.

Für den römischen Ritus gibt es ein Erzbistum (Astana), zwei weitere Bistümer und eine Apostolische Administratur. 2019 wurde zudem für die Gläubigen des byzantinischen Ritus die Apostolische Administratur Kasachstan und Zentralasien geschaffen.

KNA

Von KNA