Caritas: Abschiebungen nach Afghanistan aussetzen
Jahresbericht ‐ Caritas international hat heute in Berlin den Jahresbericht vorgestellt. Angesichts einer sich verschlechternden Sicherheitslage hat das Hilfswerk vor weiteren Rückführungen nach Afghanistan gewarnt. Abschiebungen führten für Betroffene zu unüberschaubaren Risiken und müssten ausgesetzt werden, forderte Caritaspräsident Neher.
Aktualisiert: 28.12.2022
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Angesichts einer sich verschlechternden Sicherheitslage hat der Caritasverband vor weiteren Rückführungen nach Afghanistan gewarnt. Abschiebungen führten für Betroffene zu unüberschaubaren Risiken und müssten ausgesetzt werden, forderte Caritaspräsident Peter Neher am Mittwoch in Berlin.
Eine neue Einschätzung der Gefahrenlage durch das Auswärtige Amt sei „zwingend notwendig“. Diese ist die Grundlage für mögliche Abschiebungen. Der Caritaspräsident äußerte sich bei der Vorstellung des Jahresberichts von Caritas international.
Der Abschiebeschutz müsse grundsätzlich auch Straftäter, „Gefährder“ und Menschen umfassen, die eine Feststellung ihrer Identität verweigerten, sofern ihnen nachweislich eine unmenschliche Behandlung im Zielstaat drohe, so Neher. Auch die vom Bundesinnenministerium als hinreichend sicher ausgewiesenen Provinzen würden regelmäßig von Anschlägen erschüttert. Der verheerende Anschlag nahe dem Gelände der Deutschen Botschaft in Kabul Ende Mai sei nur ein weiterer trauriger Vorfall in einer Kette von seit Jahren nicht abreißenden schlechten Nachrichten.
Vorwürfe des "Asylmissbrauchs" zurückgewiesen
Neher wies Vorwürfe eines angeblichen Asylmissbrauchs durch Konversion vom Islam zum Christentum zurück. Es gehe um bundesweit nur rund 150 Taufbewerber pro Jahr, die ein längeres Katechumenat machten und wie alle anderen Flüchtlinge ein reguläres Asylverfahren durchlaufen müssten.
Neher äußerte sich erfreut darüber, dass die Spendenbereitschaft im Berichtszeitraum weiterhin auf hohem Niveau geblieben sei. Das gelte auch für Gelder zugunsten der Opfer des Bürgerkriegs in Syrien und der Hungerkatastrophe in Ostafrika. Laut Bericht erhielt Caritas international knapp 77,56 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Davon kamen 26,78 Millionen Euro aus Spenden, 47,43 Millionen Euro aus öffentlichen und kirchlichen Zuwendungen sowie 3,35 Millionen Euro aus Erbschaften und sonstigen Erträgen.
622 Projekte in 78 Ländern
Damit finanzierte Caritas international den Angaben zufolge 622 Projekte in 78 Ländern. Rund zwei Drittel der Projekte waren Hilfe nach Kriegen und Katastrophen. Die übrigen Mittel gingen in soziale Projekte für Kinder, alte, kranke und behinderte Menschen. Die Werbe- und Verwaltungskosten lagen demnach bei knapp acht Prozent.
Der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, forderte vor dem Hintergrund der Hungerkrise in Ostafrika, die Katastrophenvorsorge deutlich auszubauen und einen Weltkrisenfonds einzurichten, um auf drohende Katastrophen unmittelbar reagieren zu können. Trotz „frühzeitiger Warnungen und präziser Vorhersagen“ seien die Gelder für den Kampf gegen den Hunger viel zu spät bereitgestellt worden. In Flüchtlingslagern habe man sogar die Essensrationen kürzen müssen.
„Hunger ist keine Naturkatastrophe, sondern wird von Menschen verursacht oder zumindest billigend in Kauf genommen“, so Müller. Erst ein entschiedenes politisch-diplomatisches Handeln einflussreicher Staaten werde eine Kehrtwende im Kampf gegen den Hunger bringen.
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