Kirchen für weitgehendes Exportverbot von militärischen Drohnen
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Kirchen für weitgehendes Exportverbot von militärischen Drohnen

Rüstungsexporte ‐ Ein kleines Jubiläum - aber kein Anlass zum Feiern. Zum 25. Mal haben die beiden großen Kirchen ihren Rüstungsexportbericht vorgelegt. Die Kurzfassung aus rund 120 Seiten: Es liegt noch viel im Argen - beispielsweise in der Frage des Exports militärischer Drohnen.

Erstellt: 18.12.2021
Aktualisiert: 17.12.2021
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Die beiden großen Kirche sprechen sich für ein weitgehendes Exportverbot von militärischen Drohnen aus. „Drohnen verändern Machtgleichgewichte zwischen Konfliktparteien, können kriegsentscheidend sein und werden zu oft völkerrechtswidrig zu ‚gezielten Tötungen‘ im ‚Kampf gegen den Terror‘ eingesetzt“, sagte der katholische Vorsitzende der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), Karl Jüsten, am Donnerstag in Berlin.

Deswegen fordere die GKKE eine grundsätzliche Ablehnung beim Export von bewaffneten oder bewaffnungsfähigen Drohnen sowie deren Technologie und Komponenten an Länder außerhalb der EU. Davon dürfe nur „in besonders begründeten Ausnahmefällen“ abgewichen werden, so Jüsten. „Diese Politik sollte auch im Gemeinsamen Standpunkt der EU zur Rüstungsexporten festgeschrieben werden.“ 

Die Bundesregierung informiert seit 2014 halbjährlich über die von ihr genehmigten Ausfuhren und die tatsächlichen Exporte. Dazu kommen parlamentarische Anfragen aus dem Bundestag, wobei die Opposition naturgemäß hartnäckiger auftritt als die an der Regierung beteiligten Parteien. Und dann gibt es – traditionell zum Jahresende – den Rüstungsexportbericht der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE).

Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung GKKE

Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) ist ein ökumenischer Arbeitsverbund zur Entwicklungspolitik. Gegründet wurde die GKKE 1973. Zu den Arbeitsschwerpunkten gehören Fragen von Gerechtigkeit und Frieden sowie die Suche nach einem fairen und ressourcenschonenden Zusammenleben der Menschen rund um den Globus. Dazu sucht die GKKE den Dialog mit Politik und Gesellschaft, beispielsweise in Form von Podiumsdiskussionen und öffentlichen Stellungnahmen. Als Träger fungieren auf katholischer Seite die Deutsche Kommission Justitia et Pax und auf evangelischer Seite das Hilfswerk Brot für die Welt. Vorsitzende der GKKE sind die Vertreter der beiden Kirchen bei der Bundesregierung: Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), und Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, beide mit Sitz in Berlin. Einmal im Jahr gibt die GKKE einen Rüstungsexportbericht heraus mit Daten und Analysen zur deutschen Rüstungspolitik. Die Studie wird erstellt in Zusammenarbeit mit dem Internationalen Zentrum für Konfliktforschung Bonn (BICC) sowie mithilfe von weiteren Vertretern aus Wissenschaft und Hilfswerken. Die GKKE spricht mit Blick auf den Bericht von einem gelungenen „Joint Venture von Kirchen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft“. Dadurch werde öffentliche Aufmerksamkeit insbesondere für die Folgen von Rüstungsexporten hergestellt.

25. GKKE-Rüstungsexportbericht

Am Donnerstag stellte die GKKE die 25. Auflage der Studie vor. Einige Eckdaten haben sich auch 2020 nicht wesentlich geändert: Deutschland gehört neben den USA, Russland, Frankreich und China weiter zu den fünf wichtigsten Exporteuren. Und von den im vergangenen Jahr erteilten Einzelausfuhrgenehmigungen entfiel die Hälfte der Gesamtsumme von 5,82 Milliarden Euro auf Genehmigungen für Drittländer außerhalb von Nato und EU.

Warum das für Kritik sorgt, zeigt ein Blick nach Ägypten, das 2020 nach Ungarn auf Rang zwei aller Empfängerländer lag. Das Militärregime von Präsident Abdel Fattah al-Sisi steht in der Kritik, Oppositionelle zu Tode zu foltern und Dissidenten zu entführen und zu töten. Zugleich beteiligt sich das Land an der Seite Saudi-Arabiens am Krieg im Jemen und ist in den Konflikt in Libyen verwickelt.

Trotzdem genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 863 Millionen Euro, unter anderem U-Boote, Patrouillenboote und Kampfschiffe. Besonders pikant: Die Patrouillenboote der Lürssen-Werft waren ursprünglich für Saudi-Arabien bestimmt. Laut GKKE-Expertin Simone Wisotzki soll Lürssen Berichten zufolge Ägypten auch dabei helfen, eine eigene Schiffsindustrie aufzubauen. Und erst am Mittwoch berichteten Medien, dass die alte Bundesregierung offenbar noch in den letzten Tagen ihrer Amtszeit die Ausfuhr dreier Fregatten von ThyssenKrupp nach Ägypten genehmigte.

„Trotz anderslautender Vorsätze der letzten Bundesregierung werden Staaten, die schwere Menschenrechtsverletzungen begehen oder das humanitäre Völkerrecht verletzen, nach wie vor mit deutschen Rüstungsgütern beliefert“, fasst der evangelische GKKE-Vorsitzende Martin Dutzmann die Situation zusammen. Umso mehr begrüße die GKKE die Ankündigung der neuen Bundesregierung, ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz zu schaffen, so Dutzmann weiter. Das Problem: Entsprechende politische Absichtserklärungen gab es immer wieder mal. Nur passiert ist seither so gut wie nichts.

Auf europäischer Ebene schaut die Lage nicht besser aus, wie Dutzmanns katholischer Amtskollege Karl Jüsten erläutert. Hauptempfänger europäischer Kriegswaffen und sonstiger Rüstungsgüter seien im vergangenen Jahr die Vereinigten Arabischen Emirate auf Platz 1 und Saudi-Arabien auf Platz 2 gewesen.

„Die EU und ihre Mitgliedstaaten werden damit ihrem Anspruch, eine restriktive Rüstungsexportpolitik zu betreiben, nicht gerecht“, lautet die Schlussfolgerung von Jüsten. Auch Brüssel müsse dringend nachschärfen. Stattdessen drohten mit dem im Frühjahr beschlossenen Finanzierungsinstrument namens Europäische Friedensfazilität (European Peace Facility; EPF) weitere Dämme zu brechen.

Damit sei die EU erstmals in der Lage, in ihrem eigenen Namen auch Rüstungsexporte in Drittländer zu veranlassen, so Jüsten. „Zwar bedürfen diese Exporte der Genehmigung auf nationalstaatlicher Ebene, aber von einem entsprechenden EU-Ratsbeschluss zur EPF wird mit großer Sicherheit ein erheblicher politischer Druck ausgehen.“

Wie geht die neue Bundesregierung mit diesem Druck um? Und welche Akzente wird sie in der Debatte um Waffengeschäfte setzen? Diese Fragen müssen knapp zwei Wochen nach dem Amtsantritt von Bundeskanzler Olaf Scholz und seiner Ampelkoalition noch offen bleiben. Mit Blick auf die konkrete Genehmigungspraxis spricht sich die GKKE dafür aus, die Entscheidungen vom Wirtschafts- auf das Außenministerium zu verlagern. In beiden Fällen müssten in den kommenden vier Jahren vor allem die Grünen Farbe bekennen.

Von Joachim Heinz (KNA)

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