
Abt aus Jerusalem: Menschen in Israel leiden unter Gewalt
Köln/Jerusalem ‐ Luftraum dicht, Busse stehen still, Gottesdienste abgesagt: Nach dem Gegenschlag des Irans ist das öffentliche Leben in Israel zum Erliegen gekommen. Ein katholischer Abt fordert Versöhnung statt Vergeltung.
Aktualisiert: 13.06.2025
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Angesichts des israelischen Angriffs auf den Iran zeigt sich der Abt der Benediktiner in Jerusalem, Nikodemus Schnabel, besorgt. „Ich sehe gerade nur eine Region, die immer mehr die Sprache der Gewalt spricht“, sagte der aus Deutschland stammende katholische Geistliche dem Kölner Internetportal domradio.de am Freitag. Die Menschen in Israel seien voller Panik und Sorge, das ganze Land leide. „Was dieses Land braucht, ist Versöhnung, Friede, Diplomatie und eine Zukunft für alle Menschen.“
Israel hatte in der Nacht zu Freitag Dutzende Ziele im Iran angegriffen, darunter auch nukleare Anlagen. Mehrere hochrangige Militärs sollen getötet worden sein. Der Iran schickte noch am Freitagmorgen mindestens 100 Drohnen in Richtung Israel, die Medienberichten zufolge alle abgefangen werden konnten.
Schnabel kritisierte die Haltung mancher Politiker und sprach von „Zynismus“. Wenn Menschen in Deutschland kühl und sachlich analysierten, warum das alles sinnvoll sei, sei das für ihn zunehmend unerträglich. „Ich würde mir wünschen, dass diese Menschen uns hier besuchen und verstehen, wie es sich anfühlt, eine gesamte Nacht nicht geschlafen zu haben, als Seelsorger seinen Mann stehen zu müssen und dann noch immer weiter treu für den Frieden zu beten.“
Ihm persönlich gehe es am Tag nach dem Angriff überhaupt nicht gut, so Schnabel weiter. Er habe Verantwortung für zwei Klöster und es komme Vieles zusammen. „Der Luftraum ist gesperrt, am Flughafen gibt es keine Abflüge und Ankünfte, es gibt keinen öffentlichen Nahverkehr.“
Er müsse Gäste beruhigen, die für Freitag ihren Abflug geplant hatten. Zudem habe er in Tel Aviv einen großen Gottesdienst anlässlich des Gedenktags des heiligen Antonius feiern wollen - mit Tausenden Indern, die die ganze Nacht geschmückt hätten. „Ich musste ihnen erklären, dass dieses Fest heute keine gute Idee ist. Sie waren sehr enttäuscht, aber wir können nicht gegen die offiziellen Richtlinien verstoßen.“
KNA