Papst nimmt scharfen Kritiker aus Texas ins Visier
Washington ‐ Bischof Joseph Strickland möchte lieber nichts zu der vatikanischen Überprüfung seines Bistums Tyler/Texas sagen. Die Tage im Amt für den hitzköpfigen Papstkritiker könnten gezählt sein.
Aktualisiert: 27.06.2023
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Bischof Joseph E. Strickland ist ein Überzeugungstäter. Am Freitag führte er eine Prozession zum Baseball-Stadion der Los Angeles Dodgers, wozu eine Gruppe rechtskonservativer Katholiken aufgerufen hatte. Stein des Anstoßes war die „Pride“-Nacht, bei der die Dodgers eine Gruppe namens „Sisters of Perpetual Indulgence“ ehren wollten.
Auf Deutsch heißt das so viel wie „Schwestern des ewigen Genusses“. Und wie der Name vermuten lässt, gehen die LGBTQ+-Aktivisten, die sich für Angehörige sexueller Minderheiten einsetzen, nicht zimperlich mit religiösen Gefühlen um. Sie treten als Drag-Queens in Ordenstracht auf und machen sich über Glaubenssymbole und -rituale lustig. Doch das ist nur ein Teil dessen, was die „Sisters“ ausmacht.
Respekt verdienten sie sich durch ihren großen Einsatz für HIV/Aids-Kranke sowie andere karitative Tätigkeiten. Dafür sollten sie den „Community Hero Award“ der Baseball-Profis erhalten. Aktivisten der Trump-nahen Organisation „CatholicVote“, der Gruppe „Catholics for Catholics“ von Donald Trumps früherem Chefstrategen Steve Bannon sowie der Website „Church Militant“ riefen zu Protest auf, dem sich später führende US-Bischöfe anschlossen.
Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Timothy Broglio, der Erzbischof von Los Angeles, Jose Gomez, sowie der New Yorker Kardinal Timothy Dolan veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der sie das Verhalten der Dodgers nicht nur als beleidigend und schmerzhaft für alle Christen“ bezeichnen; es handele sich um Blasphemie.
Traditionalist aus der Provinz
Während die Schwergewichte der katholischen US-Hierarchie es dabei beließen, setzte sich Strickland, der Traditionalist aus dem 130.000-Seelen-Bistum Tyler, an die Spitze des Protests. Dass er von Texas nach Los Angeles reiste und dem dortigen Amtsbruder in die Quere kam, war mehr als ein Verstoß gegen die bischöfliche Etikette. Gomez wies die Einmischung zurück, verweigerte die Unterstützung des Protests und verhinderte, dass die Anti-“Sisters“-Prozession von seiner Bischofskirche zum Stadion zog.
Gewiss hatte sich bereits bis zum ehemaligen Bischofskonferenz- Vorsitzenden Gomez herumgesprochen, dass Strickland eben erst Besuch aus dem Vatikan erhalten hatte; und zwar einen, der in der Regel wenig Gutes verheißt. Im Auftrag von Papst Franziskus schauten sich die pensionierten Weihbischöfe Gerald Kicanas aus Tucson und Dennis Sullivan aus Camden in dem kleinen Bistum des lautstarken Franziskus-Kritikers um.
Am Ende der apostolischen Visite bekam Strickland selbst Gelegenheit, sich zu äußern. Worum es im Einzelnen ging, blieb offen, liegt nach Ansicht von Beobachtern aber auf der Hand – zumal der hitzköpfige Hirte bereits vorgewarnt war. Terry Barber, Moderator der rechtskatholischen „Terry and Jesse Show“, beschrieb in seinem Programm, wie der päpstliche Nuntius, Erzbischof Christophe Pierre, Strickland am Rand der letzten Herbsttagung der Bischofskonferenz maßregelte.
Pierre habe ihm mit Blick auf seine kontroversen Aktivitäten auf Twitter und in anderen Sozialen Medien mit erhobenem Finger gesagt: „Bischof Strickland, wir beobachten Sie.“ Eine zweite Quelle bestätigte die unzweideutige Warnung unabhängig von der Radioshow, in der Strickland regelmäßig zu Gast ist.
Die Liste der Provokationen des seit 2012 amtierenden Bischofs ist lang. Er beteiligte sich am sogenannten Jericho-Marsch christlicher Nationalisten im Vorfeld des Sturms auf das Kapitol vom 6. Januar 2021. Er unterstützte Priester, die sich Corona-Impfungen verweigerten, und unterminierte nach Kräften den Reformkurs von Papst Franziskus. Das Fass zum Überlaufen brachte eine Äußerung vom 12. Mai, in der er erklärte, er lehne das Programm des Papstes ab, das darin bestehe, „das Pfand des Glaubens zu zerstören. Folgt Jesus.“
Ganz frisch ist Stricklands Kritik am Vatikan-Papier zur Weltsynode im Oktober, das unter anderem zu einer Diskussion über Frauen im Diakonen-Amt, verheiratete Priester und eine bessere Inklusion von LGBTQ+-Personen einlädt. „Ich bete darum, dass alle, die Jesus Christus wirklich kennen, nicht auf diesen Pfad verführt werden“, so Strickland. Unterdessen erkundigten sich die vom Vatikan entsandten Besucher angeblich bereits danach, wer als Ersatz für Strickland infrage käme.
KNA