„Ein anhaltendes Desaster“
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„Ein anhaltendes Desaster“

Waffenexporte ‐ Eigentlich wollte Wirtschaftsminister Gabriel die Waffenlieferungen ins Ausland eindämmen. Doch die Einzelgenehmigungen haben sich im vergangenen Jahr nahezu verdoppelt. Die Kirchen reagieren mit harscher Kritik auf die Zahlen des Rüstungsexportberichts der Bundesregierung - und fordern eine Kehrtwende.

Erstellt: 06.07.2016
Aktualisiert: 16.12.2022
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Mit scharfer Kritik haben die Kirchen auf den Rüstungsexportbericht 2015 der Bundesregierung reagiert, der heute im Kabinett verabschiedet wurde. Nach Worten des katholischen Vorsitzenden der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE), Prälat Karl Jüsten, zeige der Bericht ein „anhaltendes Desaster“. Der Umfang der Rüstungsexportgenehmigungen habe im vergangenen Jahr massiv zugenommen, beklagte Jüsten am Mittwoch in Bonn.

Das betreffe insbesondere die Einzel- und Sammelausfuhrgenehmigungen im Wert von insgesamt 12,81 Milliarden Euro. Dies sei eine Zunahme von 96 Prozent gegenüber 2014, warnte der Leiter des Katholischen Büros in Berlin. Erfreulich sei allenfalls der weitere Rückgang der Genehmigungswerte für Kleinwaffen von 47 auf 32 Millionen Euro. „Wir hoffen, dass zumindest dieser Trend stabil bleibt und die neuen Kleinwaffengrundsätze eine nachhaltige Wirkung zeigen.“

Der katholische GKKE-Vorsitzende kritisierte die weiterhin hohe Zahl an Waffenlieferungen in Drittstaaten außerhalb der NATO und der EU. Laut Jüsten seien unter ihnen zahlreiche Konfliktregionen und Länder mit problematischer Menschenrechtslage.

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„Unter den Empfängerländern deutscher Rüstungsgüter sind Staaten wie Katar und Saudi Arabien – das ist aus friedensethischer Sicht hoch problematisch“, ergänzte der evangelische GKKE-Vorsitzende Prälat Martin Dutzmann. Er verwies auf den Krieg im Jemen, in dem Saudi-Arabien und Katar „aktive Parteien“ seien. „Die Belieferung Katars mit Kriegswaffen ist aus Sicht der GKKE ein klarer Verstoß gegen die selbst gesetzten Kriterien für deutsche Rüstungsexporte, den wir aufs Schärfste kritisieren“, betonte Dutzmann.

Auch mit Blick auf Saudi-Arabien als Empfängerland deutscher Rüstungsgüter äußerte der evangelische GKKE-Vorsitzende Unverständnis. Bereits im vergangenen Jahr hatten die Kirchen in ihrem eigenen Rüstungsexportbericht der GKKE einen Stopp für sämtliche Rüstungsausfuhren nach Saudi-Arabien gefordert. „Solche Genehmigungen können nicht einfach mit dem Verweis auf Gemeinschaftsprogramme mit anderen Ländern begründet werden“, mahnte Dutzmann.

„So darf es nicht weitergehen“, resümierte der katholische GKKE-Vorsitzende Jüsten. Gesetzliche Grundlagen und politische Leilinien einerseits und die Genehmigungspraxis von Waffenlieferungen andererseits stünden im anhaltenden Widerspruch. Daher fordere die GKKE, so Jüsten, „eine Revision der gesetzlichen Grundlagen“. „Es geht hier nicht nur um die Planungssicherheit für deutsche Unternehmen, sondern vor allem um die Glaubwürdigkeit deutscher Friedens- und Sicherheitspolitik.“ (lek/GKKE)

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Die GKKE

Die Gemeinsame Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE) wurde 1973 als ökumenischer Arbeitsverbund zur Entwicklungspolitik gegründet. Sie steht im Gespräch mit politischen Institutionen und gesellschaftlichen Interessengruppen. Getragen wird die Konferenz von der katholischen Menschenrechts- und Entwicklungskommission Justitia et Pax und von Brot für die Welt - Evangelischer Entwicklungsdienst.

Papst: Die Scheinheiligkeit der Waffenlieferanten

Zum wiederholten Mal hat Papst Franziskus die Scheinheiligkeit des Waffenhandels angeprangert. In einer Videobotschaft an Caritas Internationalis sprach er mit scharfen Worten über Länder, die einerseits Waffen in Krisengebiete liefern und andererseits viel von Frieden sprechen: „Wie kann man jemandem Glauben schenken, der dich mit der rechten Hand streichelt, während er dich mit der linken schlägt?”