Jesuit Martin Maier wird Chef des Hilfswerks Adveniat

Jesuit Martin Maier wird Chef des Hilfswerks Adveniat

Hilfswerk ‐ Für den Jesuitenorden war Pater Martin Maier als Seelsorger, Journalist und an der Schnittstelle von Kirche und Politik in Europa tätig. Als Experte für Lateinamerika ist er nun künftig Hauptgeschäftsführer von Adveniat.

Erstellt: 01.09.2021
Aktualisiert: 25.08.2021
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Wer auf Pater Martin Maier trifft, sollte sich nicht täuschen lassen. Dieser auf den ersten Blick eher stille und zurückhaltende Charakter hat schon einiges in seinen inzwischen 61 Jahren erlebt. Es mag dem Gemüt des Alemannen - 1960 nicht weit entfernt vom Bodensee in Meßkirch geboren - entsprechen, nicht allzu viel von sich zu reden. Dabei hätte er durchaus Grund dazu. Denn in der Kategorie „Bedeutende Söhne der Stadt“ listet Wikipedia inzwischen neben dem Büchner-Preisträger Arnold Stadler und dem Philosophen Martin Heidegger auch den Ordensmann auf.

Ab 1. September wird Maier sein neues Amt als Hauptgeschäftsführer des in Essen ansässigen bischöflichen Hilfswerks Adveniat antreten. Dieses hat sich seit über 60 Jahren der Hilfe für die Menschen in Lateinamerika verschrieben. Da passt es, dass der Jesuit als Experte für jenen Teil der Welt gilt, seine Doktorarbeit hat er zudem über die dort aufgekommene Befreiungstheologie geschrieben. Vor allem aber ist er kein Theoretiker. Lange hat er in El Salvador gelebt und kehrt dorthin auch regelmäßig für Gastvorlesungen an die Universität zurück. Dass er fließend Spanisch spricht, versteht sich von selbst, aber auch auf Englisch und Französisch parliert er problemlos.

Seine Leidenschaft für El Salvador hängt mit dem 2018 heilig gesprochenen Oscar Romero (1917-1980) zusammen. Die Nachricht, dass der Erzbischof der Hauptstadt von San Salvador im März 1980, als er gerade eine Heilige Messe feierte, erschossen wurde, erschütterte den jungen Novizen Maier und zog ihn zugleich in den Bann. Da kämpfte einer für die armen Menschen, um ihnen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, bis zur letzten Konsequenz – ganz so, wie es Jesus vorgelebt hatte. Zu Maiers Studienorten gehörte deshalb neben München, Paris und Innsbruck auch San Salvador.

Dort kam er, inzwischen zum Priester geweiht, im September 1989 an, hinein in eine unruhige Zeit. Seit neun Jahren herrschte ein blutiger Bürgerkrieg. Eher zufällig gab es für den deutschen Gast keine Unterkunft mehr in der Jesuitenkommunität auf dem Campus, sondern in einem anderen Haus. Ein Mitbruder nahm ihn mit in die Landgemeinde Jayaque, wo er in der Pastoral mitarbeitete. Zwei Monate später passierte es. In der Nacht vom 15. auf den 16. November ermordete eine Spezialeinheit der Streitkräfte im Garten der Kommunität sechs Jesuiten sowie die Haushälterin und deren Tochter. „Auch mein Name hätte auf der Liste der Toten stehen können – Geschenk des Lebens und Lebensauftrag zugleich“, sagt Maier.

Ein solches Erlebnis prägt einen und lässt einen vermutlich anderes, etwa innerkirchliche Konflikte, leichter ertragen. So war Maier von 1995 bis 2009 Redaktionsmitglied der ordenseigenen, renommierten Zeitschrift „Stimmen der Zeit“, ab 1998 als deren Chefredakteur. Manch heftigen Briefwechsel gab es in dieser Phase mit dem damaligen Präfekten der römischen Glaubenskongregation, dem späteren Papst Benedikt XVI. Danach wechselte der Jesuit als Rektor ans Münchner Berchmanskolleg. Seit 2014 ist er Beauftragter für Europäische Angelegenheiten im Jesuit European Social Centre in Brüssel, um „Stimme derjenigen zu sein, die in Europa keine Stimme haben“.

In Brüssel ist Maier im Kontakt mit Vertretern des EU-Parlaments und der -Kommission sowie mit vielen anderen Gremien. Dieses Netzwerk an Beziehungen dürfte bei seiner künftigen Arbeit ein Vorteil sein. Ein langer Atem kann gewiss auch nicht schaden. Da passt es, dass Maier ein begeisterter Radfahrer ist. Im Corona-Jahr brachte er es im Sattel auf fast 13.000 Kilometer.

Ein Ehrenamt wird Maier auf alle Fälle behalten, selbst wenn er künftig mehr in Essen sein wird: Kurat der Gebirgsschützenkompanie Tegernsee. Deren Ehrenmitglied ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. Mit ihm hat der Jesuit die Begeisterung für Karl Valentin gemein. Dem früheren Kirchenoberhaupt legte er einst mit Blick auf längst überfällige Reformen und Veränderungen in der Kirche Valentins Satz ans Herz: „Mögen hätt' ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut!“

Von Barbara Just (KNA)

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