Entwicklungsministerium stellt Marshallplan für Afrika vor
Afrika ‐ Katholische Hilfswerke wie Misereor begrüßen den neuen Marshallplan für Afrika des Entwicklungsministeriums. Doch es gibt auch Kritik.
Aktualisiert: 18.01.2017
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Bundesminister Gerd Müller hat am Mittwoch im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung des Deutschen Bundestages Eckpunkte für einen Marshallplan mit Afrika vorgestellt. Er fordert einen Paradigmenwechsel in der künftigen Zusammenarbeit mit dem Kontinent.
Die afrikanischen und europäischen Partner der deutschen Entwicklungspolitik, der Wirtschaft, Wissenschaft, Kirchen und Politik seien eingeladen, die Vorschläge und Lösungsansätze zu diskutieren und weiterzuentwickeln, heißt es in einer Mitteilung von Mittwoch. Dazu lädt das Bundesentwicklungsministerium alle Interessierten zu einem Online-Dialog ein und organisiert mehrere Veranstaltungen.
„Wir brauchen eine völlig neue Dimension der Zusammenarbeit mit Afrika“, so Gerd Müller in der Mitteilung. „Wir wollen Reformpartnerschaften mit Reformchampions eingehen. Wer Korruption bekämpft, Steuersysteme aufbaut, in Bildung investiert und auf die Gleichberechtigung der Geschlechter setzt, kann mit mehr Unterstützung von uns rechnen.“ Entwicklungspolitik allein sei nicht die Lösung. Die Menschen in Afrika brauchten Jobs, die nur die Wirtschaft schaffen könne. Es gelte der Grundsatz: „Wertschöpfung vor Ort statt Ausbeutung.“ Die Chancen in Afrika seien riesig, gerade auch für die deutsche Wirtschaft.
„Wir brauchen eine völlig neue Dimension der Zusammenarbeit mit Afrika“
Zur Umsetzung des Paradigmenwechsels der deutsch-afrikanischen Zusammenarbeit will das Bundesentwicklungsministerium reformorientierte Partnerländer stärker als bisher unterstützen. 20 Prozent der deutschen Entwicklungsgelder für Afrika will das Ministerium zusätzlich in die Entwicklung dieser Länder investieren. So will die deutsche Entwicklungspolitik Anreize für eine eigenverantwortlich gestaltete nachhaltige Entwicklung setzen.
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„Funktionieren wird all dies nur dann, wenn die Zivilgesellschaft in Afrika viel stärker eingebunden wird.“
Zum „Marshallplan mit Afrika“ äußerte sich Misereor-Hautpgeschäftsführer Pirmin Spiegel vorsichtig optimistisch. Allerdings müssten dem Plan nun schnell wirksame Taten folgen.
„Wir teilen die Grundaussagen des Konzepts und stimmen in weiten Teilen der Analyse der Probleme und den Vorschlägen für verschiedene Politikbereiche zu“, so Spiegel. Dass es nach wie vor eine existierende strukturelle Ausbeutung des Kontinents gebe, die durch unfaire Handels- und Wirtschaftsbeziehungen noch verstärkt würde, erlebten viele Misereor-Partner. Genauso wie die Tatsache, dass mangelnde Rechtsstaatlichkeit oder Korruption die Entwicklung eines gerechteren Gesellschaftsmodells mit gleichen Chancen für alle verhinderten.
„Die drei Säulen des Plans - 'Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte', 'Frieden und Sicherheit', 'Wirtschaft, Handel und Beschäftigung' sehen auch wir als Fundament für eine gerechte und nachhaltige Entwicklung“, erklärt Spiegel. Bedenklich wäre es allerdings, wenn der Fokus zu stark auf die Förderung der Wirtschaft gelegt würde. „Der Staat darf sich nicht darauf beschränken, der Wirtschaft gute Investitionsbedingungen zu schaffen. Es geht auch um ordnungspolitische Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass Investitionen wirksam werden im Sinne von Armutsbekämpfung und nachhaltiger Entwicklung.“
„Gleichzeitig haben wir angemahnt, diesem Plan nun auch schnell wirksame Taten folgen zu lassen. Sonst bleibt Müllers Konzept eines von vielen Papieren, die nach der nächsten Wahl vergessen sind.“ Zu den Taten, die folgen müssten, gehöre insbesondere eine konsequente und kohärente Ausrichtung aller Politikbereiche in Deutschland und Europa , wie zum Beispiel der Landwirtschaftspolitik, der Handels- oder der Energiepolitik, an einem Ziel: Einen maßgeblichen Beitrag zu einem nachhaltigen afrikanischem Entwicklungsmodell zu leisten, um den ungerechten Handels- und Wirtschaftsbeziehungen ein Ende zu setzen. „Funktionieren wird all dies aber auch nur dann, wenn die Zivilgesellschaft in Afrika viel stärker eingebunden wird, als das bisher der Fall ist“, mahnt Spiegel. „Und dieser Tatsache wird auch in Minister Müllers Plan nicht genügend Rechnung getragen.“
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