„Medellín“ war nicht nur lateinamerikakirchlich bahnbrechend, sondern erwies sich als weltkirchliches Ereignis, als Ende der Einbahnstraße. Bis dato sah sich Europa als Zentrum der Weltkirche und gab den Ton an. Doch nun „auf einmal“ Bewegung von der Peripherie! Das erregte Aufsehen. Die Übersetzung der Beschlüsse von Medellín durch
Adveniat
fand reißenden Absatz. Der Beschluss von Medellín war kein Schluss, sagte Marcos Gregorio McGrath, einer der maßgeblichen Persönlichkeiten des CELAM. Im Gegenteil: „Medellín“ ermutigte eine neue pastorale Praxis in den ausgedehnten Pfarreien und in den kleinen Basisgemeinden: in den Bergen der Anden, im Amazonas-Tiefland und in den Elendsvierteln der wuchernden Millionenstädte. Gar nicht überschätzt werden kann dabei der Beitrag der Orden, zumal der Ordensschwestern. Und es erwies sich als ein Kairos, dass damals zwei junge Hilfswerke, Misereor und Adveniat, bereitstanden, die Projekte jener Aufbruchszeit mitzufinanzieren und die Kirche in Lateinamerika aus der Abhängigkeit vom Wohlwollen der Reichen zu befreien.
Elf Jahre später, bei der folgenden Generalversammlung in Puebla (Mexiko) 1979, bestätigten die Bischöfe die lateinamerikanische Weise der Verwirklichung des Konzils, als sie sich zu fünf Optionen verpflichteten, darunter die
Option für die Armen
, die Option für die
Basisgemeinden
und die Option für die ganzheitliche Befreiung. In dieser guten Tradition feiert die Kirche in Lateinamerika den 50. Jahrestag des Endes des Konzils als einen Auftakt, als „Gegenwart des Vergangenen“ (Augustinus).
Von Michael Huhn, Adveniat
Quelle:
Jahresbericht Weltkirche 2014