Mertes reflektiert darüber, wie Widerspruch aus Loyalität geht und was auf dem Spiel steht: Das Selbstbild der Kirche, der Respekt des Widersprechenden vor sich selbst und das Evangelium, dem die Kirche als einzigem verpflichtet ist. Sich richtig zu entscheiden bedarf Mut, Aufklärung und erzeugt Schmerz.
Um Ähnliches geht es bei kirchlichen Hilfswerken, wenn Korruption auftritt. Lange war es tabu, überhaupt über deren Existenz zu reden. Denn es ist beschämend, wenn zum Beispiel Geld in Lateinamerika nicht für das verwendet wird, wofür es gespendet wurde, sondern für private Anliegen. Zudem ist der Imageschaden immens, wenn Korruptionsfälle publik werden. Sie können Mitarbeiter, Projektpartner und Spender der Hilfswerke in eine tiefe Vertrauenskrise stürzen – so wie es zahlreichen Bischöfen, Priestern und Laien durch den Missbrauchsskandal widerfuhr.
Doch in den vergangenen Jahren hat sich viel getan. Seit sieben Jahren tauschen sich die kirchlichen Missionswerke und Entwicklungsorganisationen intensiv aus, verabreden Maßnahmen zur Bekämpfung von Korruption, verfeinern und systematisieren ihre Instrumente der Prävention. „In hausinternen Schulungsmaßnahmen werden Werte vermittelt, die die Integrität der Mitarbeiter stärken. Risiken werden gezielt angesprochen und dokumentiert und Kontrollsysteme entwickelt, um Korruption zu verhindern“, listet Hartwig Euler von
Transparency International
(TI) die zahlreichen Maßnahmen der kirchlichen Korruptionsprävention und -bekämpfung auf.
Das Risiko bleibt
Trotz dieser hohen Standards bleiben jedoch immer noch Risiken der Veruntreuung und Korruption bestehen, unterstreicht der Leiter der Arbeitsstelle Qualitätsmanagement und Controlling bei
Caritas international
, Volker Gerdesmeier. Daher ist es inzwischen schon die dritte Fachtagung, die unter dem Motto „Mut zur Transparenz“ in diesen Tagen in Bad Boll stattfindet. Sie verspricht unter anderem Informationen über innovative Ansätze zur Korruptionsvermeidung und fragt nach der Verantwortung von Führungskräften.
Die Resonanz zur Veranstaltung ist positiv. „Die große Zahl von mehr als 80 Mitwirkenden und Teilnehmenden zeigt, dass diese Thematik für die Arbeit der kirchlichen Hilfswerke in beiden Kirchen sehr bedeutsam geworden ist“, betont Barbara Pauli, Leiterin der Auslandsabteilung des Internationalen Katholischen Missionswerks
Missio in München
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