Wir genießen die atemberaubende Kulisse. Die kleine Touristenlodge hat geschlossen. Ein Trampelpfad führt an einen glasklaren See. Hier möchte man bleiben, ganz nahe am Himmel (4.500 Meter), frische Luft, saubere Böden – ein kleines Paradies nach den Tagen im wuseligen und lebhaften La Paz.
Als wir uns umdrehen, parkt ein weiterer Jeep neben uns: Die Kamera auf dem Dach und die Schrift auf der Ladeluke holt uns in die Realität zurück: Google Street View digitalisiert auch dieses entlegene Stück Erde für alle, die klicken können.
Auf dem Rückweg tauchen schon bald die ersten kleinen Steinbrüche und Minen auf: Sie nutzen das frische Gletscherwasser zum Spülen und Säubern der Erze, Steine und Maschinen. Ebenso die nebenan gelegenen, kleinen Dörfer. Kommunale verordnete Handlungseinschränkungen, so hört man, stehen nahezu syndikalistischen Dynamitdrohungen gegenüber. Winzige Felder in den steilen Hängen zeugen davon, dass man auch hier noch Nahrung mit viel Mühe erzeugen kann.
An den Ausläufern von La Paz
Nochmal eine halbe Stunde später erreichen wir die Ausläufer von La Paz. Die roten, unverputzten und einfachen Ziegelsteinhäuser fressen sich die Steilhänge hinauf in die Landschaft. In wenigen Jahrzehnten ist aus der Kleinstadt mit 50.000 Einwohnern eine Millionenstadt geworden. Es gibt keine Absicht, das Wachstum zu beschränken. Von 3.200 bis in 4.000 Meter Höhe stapeln sich die Stadtteile und gehen übergangslos auf dem Hochplateau über in die Millionenstadt El Alto. Der Untergrund der Stadt besteht nicht aus gewachsenem Fels. Eine Mischung aus Lehm, Mergel und Geröll wird überbaut und jedem Geologen oder Bodenkundler wird der Anblick der Häuser an diesen instabilen Steilkanten eine Gänsehaut verursachen. Aber warum eigentlich: Es scheint doch alles zu funktionieren ...
Der Bachlauf, dem wir folgen, ist jetzt tief eingeschnitten, die Schlucht ist praktisch: man kann den Abfall reinwerfen und dann ist er „weg“, vor allem nach Starkregen und Hochwasser. Die nun braunen Wassermassen kommen von allen Seiten des riesigen Talkessels auf die Innenstadt zu. Seit Generationen transportieren sie auch die Abwässer durch die Stadt hinab in die Yungas. Die Schaumberge auf den kaskadierten Gewässern geben dem Fluss seinen umgangssprachlichen Namen: Rio Omo, oder Omowasser-Fluss. Es gibt keine kommunale Kläranlage. Man sucht noch einen Platz für diese. Ein ehemals gefundener Standort ist bereits verbaut. Doch eine Anlage für Industrieabwässer gibt es und die eingeleiteten vorgereinigten Wasser werden auch im kommunalen Labor regelmäßig untersucht – erste Schritte, weitere sollten folgen.