Eine neue Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda muss universell für alle Staaten Zielverpflichtungen formulieren, und das unter Berücksichtigung ihres jeweiligen Entwicklungsstands und ihrer sozioökonomischen Möglichkeiten. Das Prinzip der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung ist zwar seit Rio 1992 international anerkannt, aufgrund der daraus erwachsenden Verpflichtungen aber einer der zentralen Stolpersteine in den Post-2015 Verhandlungen. Dabei zeigen die Erfahrungen der MDGs, dass einerseits die Industriestaaten in die Pflicht genommen werden müssen, sei es für die Erfüllung jahrzehntelang verschleppter Entwicklungsfinanzierungsversprechen, sei es für die Umsetzung dringender Strukturreformen, die für mehr Gerechtigkeit und Fairness in den internationalen Beziehungen sorgen würden. Andererseits müssen aber auch die Schwellenländer mit in die globale Verantwortung für nachhaltige Entwicklung genommen werden.
In einer zukunftsweisenden Post-2015 Agenda geht es aber um weit mehr als die Formulierung neuer Zielvorgaben. Die planetare Umwelt- und Ressourcenkrise führt uns drastisch vor Augen, dass es ein „Weiter so“ des gegenwärtigen Wirtschafts- und Lebensstilmodells künftig nicht mehr geben kann. Die Grenzen der gegenwärtigen Wachstumsorientierung müssen endlich anerkannt und daraus politisches Handeln für eine zukunftsgerechtere und nachhaltigere Wirtschafts- und Lebensweisen abgeleitet werden. Konkrete Vorschläge für einen solchen Kurswechsel gehen in zwei Richtungen: Weniger bei uns (weniger Konsum, weniger Ressourcenverbrauch, weniger Verschwendung) und mehr in vielen Entwicklungsländern (mehr Gerechtigkeit, mehr Nahrung, mehr Rechte für alle). Ein solcher radikaler Prozess des Umdenkens geht allerdings weit über eine neue Entwicklungs- und Nachhaltigkeitsagenda 2015 hinaus, baut aber auf deren konkreten Zielen, Indikatoren und Aktionsplänen auf.
Von Dr. Bernd Bornhorst
Leiter der Abteilung Politik und Globale Zukunftsfragen bei
Misereor
und Vorsitzender von
Venro
, dem Verband Entwicklungspolitik Deutscher Nichtregierungsorganisationen.
Januar 2014