Frage: Ist Bescheidenheit nicht ein Nachteil, wenn man eine Organisation mit 1,2 Milliarden Mitgliedern leitet?
Schick: Nein, ganz und gar nicht. Bescheidenheit und Entschiedenheit – das sind keine Gegensätze, sondern die beiden Eigenschaften ergänzen sich gegenseitig. Menschen, die bescheiden sind, sind selbstlos und wer selbstlos ist, der kann auch entschieden sein für die Sache.
Frage: Was wünschen Sie sich als Weltkirche-Bischof vom neuen Kirchenoberhaupt?
Schick: Ich wünsche mir, dass er noch deutlicher macht, dass wir eine weltweite Gemeinschaft sind, in der einer für den anderen verantwortlich ist. Es muss viele Brücken geben zwischen den einzelnen Ortskirchen. Das ist ein Geben und Nehmen. Nur wenn wir in der ganzen weltumspannenden Christenheit solidarisch miteinander sind, bilden wir die Kirche, wie sie Jesus Christus gewollt hat.
Frage: Was sind die größten Herausforderungen für den neuen Papst?
Schick: Die große Herausforderung ist, das Evangelium zu verkünden. Wir müssen eine Sprache finden, damit die frohe Botschaft in unserer kirchlichen Auslegung zu allen Menschen durchdringt. Gerade in Lateinamerika gibt es ja ein großes Problem mit wachsenden evangelikalen Sekten. Außerdem ist es eine große Herausforderung, die Kirche zusammenzuhalten und die Organisation des Vatikans so zu erneuern, dass sie dem Zweck dient, präsent zu sein und das Reich Gottes zu bezeugen.
Frage: Was bedeutet es für eine mögliche Reform des Vatikans, dass nun kein früherer Kurienkardinal an seiner Spitze steht?
Schick: Bergoglio hat bereits ausgeprägte Leitungserfahrung in der Kirche. Er war Provinzial der Jesuiten, er verwaltet eine sehr große Diözese, er war über einen langen Zeitraum der Vorsitzende der Argentinischen Bischofskonferenz. Wichtig ist jetzt, welche Mitarbeiter er sich wählt. Es sind ja etliche Posten neu zu besetzen. Diese Personalentscheidungen sind die Voraussetzung, um dann auch die nötigen Reformen durchzuführen.
Das Interview führte Gabriele Höfling.