Ausdruck eines katholischen Antijudaismus
Die Karfreitagsfürbitte zu den Juden war Jahrhunderte lang Ausdruck eines katholischen Antijudaismus. Gebetet wurde unter anderem für die „verblendeten“ und für die „treulosen“ Juden. Im Zuge der Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil hieß es dann im volkssprachlichen Gottesdienst: „Lasst uns auch beten für die Juden, zu denen Gott, unser Herr, zuerst gesprochen hat. Er bewahre sie in der Treue zu seinem Bund und in der Liebe zu seinem Namen, damit sie das Ziel erreichen, zu dem sein Ratschluss sie führen will.“ Diese Fürbitte ist bis heute die am Karfreitag in deutschsprachigen Gottesdiensten allgemein verwandte Formulierung.
Für jüdische Proteste sorgte dann 2008 Papst Benedikt XVI., der die Karfreitagsfürbitte für die lateinische Messe erneuerte und als außerordentliche Form zuließ. In diesem selten praktizierten Ritus wird seitdem in lateinischer Sprache sinngemäß darum gebetet, dass die Herzen der Juden erleuchtet werden mögen, damit sie Jesus Christus als Retter und Heiland aller Menschen erkennen. Viele Juden werten das als neuerlichen Ausdruck eines katholischen Überlegenheitsgefühls und als Aufforderung zur Judenmission, auch wenn die Kirche dies immer wieder dementiert.
Schuster und Mussinghoff äußerten sich bei einer Diskussion zum 50. Jahrestag der Verabschiedung der Konzilserklärung „Nostra aetate“ über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen. Dabei bewerteten beide die christlich-jüdischen Beziehungen insgesamt als sehr gut, was aber nicht den Blick auf kleinere Belastungen dieser Beziehungen verstellen dürfe. (KNA)