Marina Peter, die sich seit 30 Jahren mit den Problemen des Sudans beschäftigt und derzeit für das ökumenische Netzwerk Sudan Focal Point im Bereich der politischen Analyse und im Kampf für die Friedens- und Menschenrechte tätig ist, war damals bei der Unabhängigkeitsfeier dabei:
„Ich habe so etwas in meinem ganzen Leben noch nicht erlebt und werde so etwas auch nicht nochmal erleben, diese überwältigende Freude. Wenn man überlegt, woher sie gekommen sind! Sie sind aus einem ganz langen Krieg gekommen, aus einer Situation, wo sie sich für Jahrzehnte unterdrückt gefühlt hatten von der Regierung in Karthum. Sie fühlten sich dort als Fremde in ihrem eigenen Land. Und diese Entscheidung zu sagen, ‚Wir möchten gerne ein eigenes Land sein‘, ‚Wir gehören nicht in eine Umgebung, die sich überwiegend arabisch und islamisch gebärdet‘, die hat noch niemand in Zweifel gezogen.“
Alte Wunden und neue Traumata
Was jedoch in Frage gestellt wird, ist die Zukunftsperspektive des Landes. Drei Jahre nach der Unabhängigkeit des Südsudans gibt es eben weniger zu feiern als davor. Der Bürgerkrieg habe seine Folgen hinterlassen, neue Traumata geboren. Menschen mussten flüchten vor den Konflikten und den Gräueltaten, die viele mit dem Völkermord in Ruanda vergleichen. Sie wurden ausgelöst durch die ethnischen Konflikte, die so tief sitzen und über Jahre hinweg zu keiner Aussöhnung geführt haben.
„Wir haben eine zutiefst traumatisierte Gesellschaft im Südsudan durch den langen alten Krieg und durch den neuen gibt es eine Retraumatisierung. Wir haben eine Situation, wo sich eine Nation erst bilden muss. Was wollen wir für einen Südsudan, müssen sich die Menschen im Südsudan fragen. Das sind Dinge, die wir bei der Unabhängigkeit von anderen Ländern genauso auch gesehen haben. Eben auch in Europa – denken Sie an den 30-Jährigen Krieg, und es ist nie friedlich gewesen. Die Fragestellungen, die sich derzeit so gewaltsam äußern im Südsudan, sind keine neuen. Für langzeitige Beobachter des Landes kommen sie nicht überraschend.“