In diesem Kontext ist das päpstliche Schreiben
Maximum illud
vom 30. November 1919 zu sehen. Benedikt XV. (1914–1922) forderte darin nicht weniger als eine Abkehr von den Missionspraktiken der Kolonialzeit. Missionare müssten besser vorbereitet sein, auf kulturelle Eigenheiten der Völker eingehen und vor allem einen einheimischen Klerus ausbilden. Dies, so Benedikt XV., bedeute eine Abkehr vom selbstgerechten europäischen Allmachtanspruch und den Egoismen der Missionarsländer.
Einheimischer Klerus
Benedikts Nachfolger Pius XI. (1922–1939) ging diesen Kurs weiter. Auch in seiner Enzyklika
Rerum ecclesiae
(1926) wurde als wichtigstes Ziel ein einheimischer Klerus formuliert. Am 18. Oktober 1926 wurden im Petersdom in Rom mit größter Pracht die ersten sechs chinesischen Bischöfe geweiht und bald darauf die ersten aus Japan und Vietnam.
Für Afrika dauerte dieser Bewusstseinswandel offenbar länger. Doch in den späten 20er und den 30er Jahren wuchs mit dem Blick auf die totalitären Ideologien des Bolschewismus und des Faschismus das Bewusstsein der Kirchenleitung, zur wirklich universalen Verteidigung des Völkerrechts und der Menschenrechte aufgerufen zu sein. Die Gemeinschaft der Nationen, verankert im Naturrecht, und der Kampf gegen ein neues Heidentum waren in der Zwischenkriegszeit Hauptthemen von Kardinalstaatssekretär Eugenio Pacelli, dem späteren Papst Pius XII. (1939–1958).
Am 25. Mai 1939, am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, ernannte der neue Papst Kiwanuka zum Apostolischen Vikar von Masaka. Seine Bischofsweihe im Petersdom am 29. Oktober 1939 nahm er persönlich vor, assistiert vom bereits seit 1933 emeritierten Erzbischof Streicher. Bis heute steht das Gerücht im Raum, die britischen Behörden hätten sich über Jahre der Ernennung eines schwarzen Bischofs widersetzt.
Große Skepsis
Kiwanuka setzte immer mehr einheimische Priester, insgesamt 56, als Pfarrer für seine Gemeinden ein – wobei er großen Wert auf deren Ausbildung legte. Die begabtesten wurden nach dem Vorbild Streichers nach Rom geschickt. Gleichwohl war die Skepsis über das „Experiment“ in Uganda in Missionskreisen groß. Waren die Afrikaner tatsächlich schon vorbereitet, ihre Kirche in Eigenverantwortung zu leiten? Doch Pius XII. ging den eingeschlagenen Weg konsequent: 1953 wurde Masaka zur regulären Diözese erhoben und Joseph Kiwanuka deren erster Bischof. 1960 machte ihn Johannes XXIII. (1958–1963) dann zum Erzbischof von Rubaga, der Vorgängerdiözese des Hauptstadtbistums Kampala.
Als Erzbischof trug Kiwanuka auch dazu bei, die Bevölkerung auf die staatliche Unabhängigkeit Ugandas 1962 vorzubereiten. Zudem versuchte er, mit kritischen Kommentaren auf die Politiker seines Landes einzuwirken – etwa mit einem weit verbreiteten Hirtenbrief über politische Führung und demokratische Reife, in dem er hellsichtig vor charismatischen Demagogen warnte.
Als Erzbischof nahm er am Konzil teil und hatte maßgeblichen Anteil daran, dass Papst Paul VI. am Missionssonntag 1964 mit den Märtyrern von Uganda der Jahre 1885/1887 erstmals schwarze afrikanische Christen heiligsprach. Joseph Kiwanuka starb am 22. Februar 1966, kurz nach Ende des Konzils – und wenige Tage bevor sich der spätere Autokrat Milton Obote nach einem Staatsstreich zum Präsidenten Ugandas erklärte. Im Juli 1969 besuchte Paul VI. das Land und weihte in Kiwanukas früherer Kathedrale nicht weniger als zwölf afrikanische Bischöfe.
Von Alexander Brüggemann